Es ist ein ebenso kurioser wie dilettantischer Bankraub, für den sich Rolf S. vor dem Amtsgericht verantworten musste.

Hamburg. Eigentlich war alles wie bei einem normalen Beratungsgespräch: "Was kann ich für Sie tun?", fragte der Leiter der Sparkasse an der Spitalerstraße höflich. Dann geleitete er den Bankräuber zum Beratertisch, füllte seinen Jutebeutel mit 5170 Euro und bemerkte noch: "Mehr gibt es nicht." Es ist ein ebenso kurioser wie dilettantischer Bankraub, für den sich Rolf S. (52) gestern verantworten musste. Vor dem Amtsgericht sitzt ein Mann, der gebrochen wirkt. Die Augen leer, die Schultern hängen schlaff herunter. 31 Jahre hat er als Kaufmann für eine Firma in Wuppertal gearbeitet. Es war ein Job wie gemacht für ihn, stressfrei und berechenbar. Morgens hin, abends raus, dazwischen Inventuren und Bestandskorrekturen. Doch dann wurde umstrukturiert, und Rolf S. hatte plötzlich das Gefühl, nicht mehr mitzukommen im neuen, alten Job. "Ich hatte nicht die Kraft, mich den neuen Aufgaben zu stellen", sagt der Mann mit den kurzen, grauen Haaren. Im Januar stieg er aus. "Ich wollte nur frei sein - wie ein Vogel im Wind." Fünf Monate tingelte er durch Deutschland. Als er in Hamburg hängen blieb, war sein Dispo-Kredit ausgeschöpft, Rolf S. pleite und verzweifelt. "Da kam mir die Schnapsidee mit dem Überfall."

Der Bankmitarbeiter erinnert sich an den "Vorgang". Als Rolf S. vor ihm stand und Geld forderte, habe er die Situation erst als wenig bedrohlich eingestuft. Offenbar völlig kopflos, unbewaffnet und unmaskiert war der Täter am 6. Juli in die Filiale gestürmt, hatte am Schalter einen Zettel in die Kassenmulde gelegt, auf dem mit pinker Tinte gekritzelt war: "Überfall, vollmachen, sonst detoniert eine Bombe. Bei Nicht-Gehorsam kommt mein Kumpel und schießt alles über den Haufen. Befolgen Sie meine Befehle!" Er habe dann seinen Chef zu Hilfe gerufen. "Ich musste jede Gefahr ausschließen, wusste nur: Der muss raus", sagt der Filialleiter. Da habe er ihm das Geld gegeben. Vier Stunden später schnappte die Polizei Rolf S. mit der Beute.

Doch warum wird ein bislang Unbescholtener zum Bankräuber? Der psychiatrische Gutachter hat eine Anpassungs- und schizoide Persönlichkeitsstörung bei S. diagnostiziert. Möglicherweise habe er aus einer Extremsituation im Zustand der verminderten Schuldfähigkeit gehandelt.

Die Expertise und sein reuiges Geständnis bewahren Rolf S. vor einer höheren Strafe. Er kommt mit 20 Monaten auf Bewährung davon. Die Richterin: "Wegen Ihrer schlimmen Tat fühlen sich viele Bankangestellte nicht mehr sicher." Rolf S. steht nun vor dem Nichts: kein Job, keine Wohnung, seinen Bruder will er nicht um Hilfe bitten, weil er sich so sehr schämt, deshalb will er auch nicht nach Wuppertal zurückkehren. "Ich werde mich um Arbeit bemühen", sagt er. Bleibt die Frage, ob S. diesem Druck standhalten wird.