Zrinko M. und Komplizen werden Dutzende Einbrüche vorgeworfen. Fünf Verdächtige festgenommen, 19 Wohnungen durchsucht.

Hamburg. An der Küchentür der kleinen Billstedter Wohnung, die das Mobile Einsatzkommando (MEK) gestern um 6.07 Uhr aufbrach, hängen getuschte Kinderbilder: ein buntes Haus mit rauchendem Schornstein, einem kleinen Sprossenfenster und einer Tür. Das Kinderbild einer kleinen, heilen Welt. Wenn sich bewahrheitet, was Polizei und Staatsanwaltschaft ermittelten, war der Mann, der die Wohnung angemietet hat - der Mann wohl auch, dessen Kind die Bilder malte -, einer von Hamburgs eifrigsten Einbrechern. Und somit dafür verantwortlich, dass die heile Welt vieler Hamburger aus den Fugen geriet. Das MEK nahm Zrinko M. gestern fest.

160 Beamte, 19 Objekte, drei vollstreckte Haftbefehle - die Polizeiaktion, mit der die Beamten M. und seine mutmaßlichen Komplizen gestern Morgen überraschten, war eine der größten des Jahres. Die Bande um den 29-Jährigen soll für mindestens sechs, wahrscheinlich aber deutlich mehr Einbrüche verantwortlich sein, außerdem mindestens einen schweren Raub begangen haben. Seit dem 29. Dezember 2007 laufen die Ermittlungen gegen die Tätergruppe bereits. Damals hatten vier Männer im Alter von 38 bis 41 Jahren einen Einbruch in Berne begangen. Einen der Täter trafen die Beamten im Juli 2009 nach einem Einbruch in Norderstedt wieder. Er war auf frischer Tat festgenommen worden, sitzt seitdem in Abschiebehaft. Weitere Ermittlungen - wohl auch Aussagen des Festgenommenen - führten auf die Spur der nach Ermittler-Erkenntnissen locker organisierten Bande. Drei ihrer Mitglieder, darunter auch Zrinko M., sind zudem dringend verdächtig, im August in Hagen bei Bad Bramstedt einen schweren Raub begangen zu haben. Betroffen: der 43-jährige Besitzer einer privaten Hanfplantage, ein Opfer also, bei dem sie davon ausgehen konnten, dass es nicht die Polizei einschalten würde.

Die Bande raubte ihm Marihuana im Wert von 30 000 Euro und 9000 Euro Bargeld. "Bei den Taten dieser Gruppe ist eine gewisse Struktur zu sehen", sagt Polizeisprecher Ralf Meyer. "Zu sagen, unter den Festgenommenen wäre eine Art Pate, ist sicher zu viel. Doch bei der Gruppe geht es schon in Richtung organisierte Kriminalität." Bereits am Freitag hatten die Ermittler in Hamm Rajan G. (33) festgenommen. Montag legten sie dem mutmaßlichen Bandenmitglied Idris K. (38) Handschellen an. Gestern nun fuhren sie in großer Besetzung in der Straße Kaltenbergen vor. Hier wohnt Zrinko M.. Auch die Wohnung von dessen unmittelbarem Nachbarn Mike F. brachen sie auf. Er ist der Mittäterschaft beschuldigt, muss aber nicht in Haft. Anders Nermin B. (32) und Djorde R. (35), die ebenfalls in der weitgehend schmucklosen Siedlung in Billstedt wohnen.

Als die mutmaßlichen Einbrecher und Räuber längst auf dem Weg in Richtung Untersuchungshaft waren, durchsuchten Ermittler der Soko "Haus- und Wohnungseinbruch" die Wohnungen der Verdächtigen nach der Beute. Sie wurden fündig. Mehr als 60 Mobiltelefone, mehrere Notebooks, Einbruchswerkzeuge, Uhren von Breitling, Rolex und Armani, eine Pistole und eine durchbohrte Gaswaffe, dazu Gold- und Silber-Testflüssigkeit zum Bestimmen der Echtheit des jeweiligen Edelmetalls, ein Diamanten-Prüfgerät, ein Kilogramm Kokain und mehr als 6000 Euro Bargeld. Meyer: "Die Ermittler haben eine große Menge Diebesgut, das jetzt wohl einzelnen Taten zugeordnet werden kann. Wir sind sicher, dass wir durch die Festnahmen nicht nur alte Fälle klären, sondern auch neue verhindern können."

Es scheint, als habe Zrinko M. nicht nur das Sicherheitsgefühl zahlreicher Hamburger, sondern auch das seiner Lebensgefährtin nachhaltig beeinträchtigt. Aus seiner Wohnung drang auch eine halbe Stunde, nachdem MEK-Beamte die Tür aufgebrochen und ihn aus dem Bett geholt hatten, das Weinen einer Frau. Neben seiner Wohnung und den Wohnungen seiner mutmaßlichen Mittäter durchsuchte die Polizei Lagerräume und weitere Wohnadressen in Dulsberg, St. Georg, Barmbek, Wohldorf, Altona, Ottensen, Winterhude, Langenhorn sowie auch in Bad Bramstedt, Reinbek, Buchholz und Rostock. Bis es zur Anklage gegen die Einbrecher kommt, wird es wegen des umfangreichen Beweismaterials vermutlich noch einige Monate dauern. (jel)