Wollte er eine Fehlgeburt auslösen? Hat er ein 17-jähriges Mädchen ausgepeitscht? Sayed M. streitet alles ab.

Hamburg. Sie lebten monatelang unter einem Dach. Nashine Z. (17), Sabrina X. (18) - und Sayed M. (22). Allerdings keineswegs friedlich: Wieder und wieder soll Sayed M. die zwei jungen Frauen in seiner Dulsberger Wohnung brutal geschlagen haben.

Seit gestern steht der 22-Jährige vor Gericht. Zum Teil täglich, so die Anklage, habe er Nashine Z., die nach islamischem Recht mit ihm verheiratet war, verprügelt. Mal mit der Faust, mal mit einer Fußbodenleiste, mal mit einem Gürtel. Einmal musste sich das Mädchen nackt auf einen Stuhl setzen, da setzte es Peitschenhiebe mit einem Antennenkabel. Beinahe wäre Nashine Z. gestorben. Brutal attackiert habe er auch die 18-jährige Sabrina X., unter anderem mit einem Staubsaugerrohr. Im Februar war sie in der zehnten Woche schwanger. Da soll er ihr gezielt in den Bauch getreten haben, um eine Fehlgeburt zu provozieren. Auch die Familien der Frauen soll Sayed M. bedroht haben: Er werde "Kanaken mit Messern auf sie hetzen" und sie umbringen.

Vor dem jungen Iraner liegt eine dicke Kladde mit Notizen zu den 29 Straftaten, die ihm zur Last gelegt werden. Sayed M., elegant, eher schmächtig, straff nach hinten gekämmte Haare, Sonnenbrille im Hemdausschnitt, traut man solche Untaten spontan kaum zu. Er gibt sich gebildet und modern. Und er sagt, dass er gern Theater spielt.

Das glaubt man ihm gern, denn Sayed M. weist schlicht jede Schuld von sich. Er sieht sich als Opfer der Umstände, den Aggressionen der Frauen und ihrer Familien hilflos ausgeliefert. "Ich wollte doch nur helfen", sagt er. Nashine Z., ihrer Familie und Sabrina X.

Offenbar fühlt sich Sayed M. missverstanden. Was aber auch daran liegen mag, dass es abenteuerliche Geschichten sind, die er dem Gericht auftischt und die den Vorsitzenden Detlef Grigoleit zur Aussage hinreißen, dass er "so etwas in 20 Berufsjahren noch nicht gehört" habe.

Ausschweifend und in perfektem Deutsch antwortet Sayed M. dem Richter. Wie er Nashine Z. im Sommer 2008 über einen Telefonchat kennengelernt hat. Wie er sich von ihren strenggläubigen und traditionellen persischen Eltern zu einer Hochzeit nach islamischen Recht überreden ließ. "Eigentlich wollte ich das nicht", sagt er. Doch er fühlte sich für Nashine Z. verantwortlich, und vor ihrer Mutter hatte er Respekt. Also sagte er Ja.

Im Juli 2008 verlässt Nashine Z. das Bremer Elternhaus und zieht in seine winzige Dulsberger Wohnung. Im Oktober stößt Sabrina X. zu ihnen. Sayed M. kennt die 18 Jahre alte Griechin aus Gifhorn seit März. Sie sucht eine Bleibe in Hamburg. Nashine Z. habe Mitleid mit ihr gehabt und sie aufgenommen. Er hingegen habe Beziehungszoff vermeiden wollen. "Ich habe sofort gesagt: Das geht nicht gut." Ob die Wohngemeinschaft auch eine Art Ménage-à-trois war, ist unklar. Es gibt ein Handyvideo, das Nashine Z. beim Oralsex mit Sayed M. zeigt. Wer gefilmt hat, daran kann sich der 22-Jährige nicht mehr erinnern. Fest steht: Mit beiden Frauen hatte der Angeklagte Sex. Mit Sabrina X. soll er Silvester ein Kind gezeugt haben. "Sie hat die Situation ausgenutzt. Ich war berauscht und sie stärker als ich." Sayed M. bestreitet, dass er der Vater ist.

Wäre die Sache nicht so ernst - dem Verfahren wäre ein gewisser Unterhaltungswert kaum abzusprechen. Einige Prozessbeobachter können sich ein böses Lachen nicht verkneifen, als sich der Angeklagte, hektisch in der Kladde blätternd, wieder in offenkundigen Widersprüchen verheddert. Wie sich Nashine Z. eine schwere Nasenverletzung im Februar zugezogen habe? "Sie ging mit dem Hund Gassi, fiel und prallte gegen einen Eiseneimer."

Er habe einmal zugeschlagen, als sich Nashine Z. selbst mit einem Antennenkabel gezüchtigt habe. "Ich hielt das für ein Schauspiel." Da habe er sie mit einer Hundeleine malträtiert - "um die Show zu beenden". Richter Grigoleit: "Das ist ja so, als ob Sie mit Benzin ein Feuer löschen wollen." Doch die erheblichen Verletzungen hätten sich die Frauen gegenseitig zugefügt, als Motiv vermutet Sayed M. Eifersucht. Die zierliche, rund 40 Kilo schwere Nashine Z. habe mit ihren Fingernägeln gekratzt und mit Gegenständen geschmissen, wenn die kräftige Sabrina X. mit den Fäusten auf sie losgegangen sei. "Ich bin dazwischengegangen, wenn es richtig schlimm wurde." In der Logik von Sayed M. wollte er dann wohl helfen. Heute sollen die Opfer aussagen.