Die Detonation war gewaltig. Die Gasexplosion wurde per Fernzünder ausgelöst. Beute: 3900 Euro. Der Sachschaden ist um ein Vielfaches höher.

Hamburg. "Geldautomat gesprengt": Es ist ein kurzer Satz, der in den vergangenen vier Jahren über zahlreichen Einsatzberichten der Polizei stand - in Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg. In der Nacht zum Dienstag begingen Räuber, die sich auf diese wohl brachialste Art der Bargeldgewinnung spezialisiert haben, erstmals eine Tat in Hamburg. Im Gewerbegebiet Stellinger Hof an der Kieler Straße (Stellingen) jagten sie einen Automaten der Volksbank in die Luft. Nach Polizeiangaben erbeuteten sie 3900 Euro.



Um zwei Uhr nachts wurden Personen, die sich in der Nähe des Automaten-Standortes aufhielten, Zeugen eines gewaltigen Knalls. Aus einem Innenhof des Gewerbegebietes stieg eine kleine Rauchwolke empor. Die Täter, vermutlich drei oder vier dunkel gekleidete Männer, griffen sich die freigelegte Geldkassette und rannten davon. Sie entkamen unerkannt. Eine sofort eingeleitete Großfahndung blieb ohne Erfolg.


Nach ersten Untersuchungen der Kriminaltechniker haben die Täter ein Gasluftgemisch in das Innere des Volksbank-Automaten geleitet und es dann aus sicherer Entfernung per Fernzündung zur Explosion gebracht. Das Ergebnis ist eindrucksvoll: Teile des Bankautomaten flogen mehrere Meter weit. Dort, wo der Bankomat in eine Mauer eingelassen war, klafft ein Loch. Ob auch Mauerteile beschädigt worden sind, wird noch überprüft. Für die Hamburger Polizei ist die Sprengung vom frühen Dienstag der erste Fall dieser Art. "Mir ist nicht bekannt, dass es das in Hamburg schon mal gegeben hat", sagt Sprecher Andreas Schöpflin. Doch es war nur eine Frage der Zeit, bis die Täter auch in der Stadt zuschlagen würden. Bislang hatten sich die reisenden Banden vor allem Automaten im dörflichen Umland ausgesucht. Zuletzt zerstörten sie einen Raiffeisenbank-Automaten in Siek (Stormarn, siehe Infokasten). Eine fast identische Tat zu der im Stellinger Hof ereignete sich in Elstorf (Kreis Stade): Auch dort traf es einen Volksbank-Automaten dieser Baureihe.

Ein kleiner Erfolg im Kampf gegen die meist straff organisierten Bankomaten-Banden gelang der Polizei Ende 2008 in Berlin. Im Stadtteil Wedding nahmen die Ermittler drei Rumänen fest, die zehn Automaten, vor allem in Schleswig-Holstein, gesprengt haben sollen. Sie warten in verschiedenen Gefängnissen auf ihren Prozess und schweigen - auch über die Herkunft der technischen Mittel, mit denen sie zum Teil gewaltige Detonationen mit Sachschäden, die weit über den Wert der Beute hinausgehen, verursachten. Denn nicht selten müssen Mauern nach derartigen Taten neu aufgebaut werden. Auf dem Schaden bleiben die Versicherungen der Banken sitzen. Für die Kunden - vor allem im ländlichen Raum - bedeutet so ein Schaden meist, dass sie weite Wege in Kauf nehmen müssen, um außerhalb der Öffnungszeiten an Bargeld zu gelangen.


Die meisten Banken, so auch die Haspa, leasen Automaten, wie Sprecher André Grunert sagt. Der Wert eines Automaten beträgt laut Ulrich Nolte vom Hersteller Wincor Nixdorf je nach Sicherheitsausstattung und Funktionen zwischen 10 000 und 50 000 Euro.