Das Opfer hatte seiner Chefin nach eigenen Angaben am Tag nach der Tat von dem Verbrechen erzählt und sich krank gemeldet.

Hamburg. Die 50 Jahre alte Frau ist vergewaltigt worden. Am 24. Januar, bei minus neun Grad, in der Nähe eines Rückhaltebeckens an der Hasloher Kehre. Den erst 23 Jahre alten Täter hat das Landgericht gestern zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt - doch der Fall ist für das Opfer noch lange nicht erledigt.

Denn unmittelbar nach der Gewalttat folgte der nächste Schock: Ihr damaliger Arbeitgeber feuerte die traumatisierte Silvia Schmidt (Name geändert) am 25. Januar - nur einen Tag nach dem Sexualdelikt. Dabei habe sie ihrer Chefin an jenem Tag klipp und klar erklärt, sie sei vergewaltigt worden, und sie werde deshalb auf unbestimmte Zeit ausfallen, schildert Schmidt. Statt Verständnis und tröstender Worte habe sie von ihr lediglich zu hören bekommen: "Wie lange fällst du aus?"

Silvia Schmidt ist schwer enttäuscht. Seit dem 11. November 2009 arbeitete sie als Helferin für einen Dienstleister, der in einem Wandsbeker Pflegeheim die Küche betreut. Sie war noch in der Probezeit. "Ich war froh, mit 50 Jahren wieder eine Stelle zu haben. Ich habe geknüppelt, 100 Überstunden gemacht." Sie fühle sich im Stich gelassen, sagt Silvia Schmidt heute. "Herauskatapultiert" aus dem Leben - und vor allem: doppelt gestraft durch die Tat eines Vergewaltigers.

Das Pflegeheim erklärt: "Nach unserer Kenntnis meldete sie sich an dem Tag erneut telefonisch krank, ohne Angabe von Gründen, also auch ohne den Dienstleister darüber zu informieren, dass sie vergewaltigt wurde", sagt Ralf Krenzin, Sprecher der privaten Pflegeheim-Kette, die die Wandsbeker Einrichtung betreibt. Die Kündigung stehe in keinem Zusammenhang mit dem Verbrechen. "Hätten wir Kenntnis davon gehabt, hätten wir auf unseren Dienstleister eingewirkt, die Kündigung nicht auszusprechen."

Ein Trost bleibt Silvia Schmidt: Ihren Peiniger, Mark M., hat das Gericht gestern für sechs Jahre ins Gefängnis geschickt. "Die brutale Tat lässt auf eine gefühllose, rohe und kaltherzige Gesinnung schließen", sagte der Vorsitzende Richter. In der Nacht zum 24. Januar hatte Mark M. die 27 Jahre ältere Frau an einer Bushaltestelle kennengelernt. Nach der Fahrt folgte er ihr in einen nahe gelegenen Park, sprühte ihr Reizgas ins Gesicht, schlug sie, raubte sie aus und verging sich an ihr. Nur 24 Stunden später kamdie Polizei dem Täter auf die Schliche - Überwachungskameras im Bus hatten ihn überführt. Mark M. muss sich im Gefängnis einer sozialtherapeutischen Behandlung unterziehen. Der Richter: "So zieht hoffentlich mehr Mitmenschlichkeit in Ihr Wesen ein."