Hamburg. Ist das der Durchbruch im Fall des schwerbehinderten Unfallopfers gegen die Generali-Versicherung? Dem Hamburger Landgericht liegt jetzt das Ergebnis eines Gutachtens vor, wonach der seit einem Verkehrsunfall vor sechs Jahren schwerstbehinderten Frau aus Buchholz nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden kann, dass sie eine Mitschuld an ihren Verletzungen trägt.

In dem Rechtsstreit mit der Generali-Versicherung fordert Sarah T.'s Rechtsanwalt Jürgen Hennemann eine Einmalzahlung (Schmerzensgeld, Schadenersatz, Pflegekosten) in Höhe von 7,2 Millionen Euro für seine Mandantin. Die Generali hatte das bislang zurückgewiesen und wirkte stattdessen auf eine lebenslange Rente hin.

Allerdings war der Versicherer bei seinen Berechnungen bisher davon ausgegangen, dass die 25 Jahre alte Sarah T. bei dem Unfall nicht angeschnallt war und daher eine Mitschuld trage - was bei der Entschädigung einen Abschlag von rund 30 Prozent rechtfertige.

Darauf fußten denn auch die Berechnungen für ein Vergleichsangebot der Generali vom 31. März. Verdienstausfall, Haushaltsführungsschaden und Schmerzensgeld könnten mit einer Million Euro abgegolten werden, außerdem bot der Versicherer eine lebenslange Rente. Die Generali hält sich indes bedeckt, offiziell kommentieren will man die neue Situation auf Abendblatt-Anfrage nicht. "Wenn die Beweisaufnahme abschließend ergeben sollte, dass Sarah T. keine Mitschuld trägt, würde die Generali natürlich nachregulieren", hieß es.

Seine Rechtsauffassung hat das Gericht indes schon kenntlich gemacht - die Generali wird ihr Angebot wohl nachbessern müssen. Sollte sich die Frage, ob Sarah T. abgeschnallt war, nicht aufklären lassen, würde die zuständige Kammer nicht von einer Mitschuld von Sarah T. ausgehen, sagte Gerichtssprecher Conrad Müller-Horn.

Als "Vergleichskosmetik" bezeichnet Hennemann das Gebaren des Versicherers. Das Angebot beinhalte nicht einmal das, was die Generali nach Vorliegen des Gutachtens im Sinne ihrer Nachregulierungspflicht zahlen müsse. Über die Kapitalisierung der Pflegekosten schweige sie sich weiter aus. "Desaströs" sei das Ergebnis des Gutachtens für den Versicherer. "Das gesamte Konstrukt der Verschleppung und Verschleierung ist zusammengebrochen". Die Generali habe seit nunmehr sechs Jahren "rechtswidrig Ansprüche von Sarah T. verkürzt".

Die Parteien haben nun Gelegenheit zur Stellungnahme. Hennemann bleibt bei seinem Standpunkt: "Die Generali mag nun endlich ihre hundertprozentige Haftung zur Kenntnis nehmen, nachregulieren und sich endlich einer abschließenden Gesamterledigung öffnen." Auch Sarah T.'s Mutter Brigitte - sie arbeitet ausgerechnet bei der Generali - will Klarheit: "Die andauernde Belastung ist einfach untragbar."