Hamburg. Finanzdienstleister versuchen häufiger, Studierende in ungeeignete Anlageprodukte zu drängen. Wie man sich schützen kann.

Was ist eigentlich, wenn ich mal alt bin? Wie sichere ich mein Berufsleben und meine spätere Rente ab? Was kann ich heute schon tun, um privat vorzusorgen? Und wann fange ich damit am besten an?

Das alles sind Fragen, die derzeit in vielen Köpfen der Generation Z herumspuken. So war es auch bei einem Hamburger Studenten, der auf dem Uni-Campus schlenderte und – eher zufällig – an einem Info-Stand stoppte. Aufgebaut hatte diesen ein Anlageberater des Finanzdienstleisters MLP, der hoffte, hier mit neuen Kunden ins Gespräch zu kommen

Uni Hamburg: MLP lockt Student mit gefährlichem Vorsorgemodell

Schnell hatte der MLP-Mitarbeiter ein „passendes Angebot“ parat, das einerseits Versorgungslücken schließen sollte, andererseits aber auch geeignet sei, Steuern zu sparen. Und auch der anfängliche Beitrag klang überschaubar: Es ging um 28 Euro im Monat. Der Haken: Das Vorsorgemodell war dynamisch ausgelegt, was sich ab dem dritten Jahr mit dem Eintritt in das Arbeitsleben auswirkte. Dann nämlich sollte der monatliche Beitrag schon 93 Euro betragen. Zudem wurde eine jährliche Erhöhung um 10 Prozent vereinbart, was aufgrund der langen Laufzeit zum Ende der Vertragsdauer stolze 1540 Euro monatlich bedeutet hätte. Und auch die Abschlusskosten waren erheblich, sie lagen bei mehr als 8000 Euro, zuzüglich Verwaltungskosten.

Verbraucherzentrale Hamburg riet zur sofortigen Kündigung

Das genannte Beispiel stammt von der Verbraucherzentrale Hamburg. Sie wurde von dem Studenten, der zunächst das Angebot angenommen hatte, kontaktiert – und hat ihm dann den deutlichen Rat gegeben, den bereits unterschriebenen Vertrag wieder zu kündigen.

Stattdessen riet sie zu einer unabhängig von Finanzberatern abgeschlossenen Police in Sachen Berufsunfähigkeit und dem Aufbau einer Liquiditätsreserve. Kapitalbildende Versicherungsprodukte brauche er jetzt noch nicht, dafür sei auch später noch Zeit.

Student wurde auf dem Campus der Uni Hamburg förmlich überrumpelt

Dass ein Student oder eine Studentin auf einem Hamburger Campus von Finanzdienstleistern förmlich „überrumpelt“ werde, kommt offenbar immer wieder vor. „Aus unserer Erfahrung wissen wir, dass die Vertriebsmitarbeitenden gezielt Studierende ansprechen und sie mit kostenlosen Seminaren zum Abfassen der Thesis, Bewerbungstraining oder der Anwendung gängiger Software locken“, sagt Sandra Klug von der Verbraucherzentrale Hamburg. Sie warnt: „Ist der Kontakt dann einmal hergestellt und das Vertrauen gewonnen, versuchen die Vertriebler ihre Altersvorsorge- und Versicherungsprodukte an die Studierenden zu verkaufen.“

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Die Verbraucherzentrale Hamburg rät Studierenden grundsätzlich davon ab, Verträge über Geldanlage- und Versicherungsprodukte abzuschließen, die auf dem Universitätsgelände angeboten werden. Hauptgrund ist aus Sicht der Verbraucherschützer, dass „diese Produkte in der Regel am Bedarf der Studierenden vorbeigehen, unflexibel sind und intransparent“. Sie würden unter dem Strich zu wenig Rendite erwirtschaften und „unverhältnismäßig hohe Abschluss- und Verwaltungsgebühren“ verursachen.

Ein typisches Standard-Produkt, das Studierenden so angeboten werde, sei die Basisrente, heißt es bei der Verbraucherzentrale. Die auch als „Rürup-Rente“ bekannte Kombination aus Altersvorsorge mit Berufsunfähigkeitsversicherung maximiere vor allem die Provision der Vermittler. Wer so ein Produkt abschließe, müsse oft mindestens 95 Jahre alt werden, um seine Einzahlungen in Form von Renten zurückzuerhalten. Eine vorzeitige Auszahlung des angesparten Kapitals als Gesamtbetrag sei nicht möglich.

Uni Hamburg: Auch „Finanztip“ rät Studierenden von „Rürup“ ab

Fragt man die unabhängigen Experten von „Finanztip“, klingt die Kritik am Rürup-Produkt zwar nicht ganz so harsch. Aber auch sie betonen: „Ein Rürup-Vertrag ist nichts für Jungunternehmer und Studenten!“ Ob ein solcher Vertrag später mal infrage kommt, hänge von individuellen Kriterien ab. Denn „Rürup“ lohne sich vor allem, wenn hohe Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit vorlägen, weil dann hohe Steuervorteile zu erzielen seien. Zudem sollte man sich sicher sein, dass man das Geld bis zur Rente nicht benötigt. Wer plane, eine Immobilie zu kaufen, starte mit dem Vertrag besser erst danach.

Um Fehlberatungen zu verhindern, haben die Verbraucherzentralen jetzt eine bundesweite Informationskampagne gestartet. Mehr Infos dazu gibt es unter www.vzhh.de