Wie eine Abendblatt-Reporterin Begegnungen mit Bond-Star Pierce Brosnan, Peter Ustinov und Nigel Kennedy erlebte. Sabine Sautter war von 1994 bis 2009 Redakteurin beim Abendblatt.

Hamburg. „Catch that!“, ruft Pierce Brosnan und wirft mir mit einer lässigen „Hallo ich bin James Bond“-Handbewegung sein Jackett zu. Meint der mich? Vor lauter Schreck lasse ich meinen Reporterblock fallen (ja, es gab eine Zeit vor dem Tablet-PC), erwische das Sakko des Filmstars und versuche dabei vollkommen bondgirlmäßig auszusehen.

Was so klingt wie eine schmachtende Teenie-Traumsequenz ist eine ganz reale Momentaufnahme meines abwechslungsreichen, aufregenden Reporter-Alltags. Ich habe bis zum Jahr 2009 die „Persönlich“-Gesellschaftskolumne des Abendblatts betreut.

Gemeinsam mit wechselnden Kolleginnen war es meine Aufgabe, die nicht immer erbaulichen Nachrichten aus Wirtschaft, Politik oder Polizei mit etwas leichteren Storys aus dem gesellschaftlichen Leben in Hamburg abzufedern. „Sie sind dazu da, dass dem Leser beim Frühstück vor lauter Gruselgeschichten nicht das Brötchen aus dem Gesicht fällt“, umriss einmal ein Chefredakteur ziemlich drastisch meine Aufgabe.

Diesen Vorsatz im Hinterkopf war ich, natürlich in Begleitung eines Fotografen, viel in der Stadt unterwegs. Begleitete ungezählte Empfänge im Rathaus, zahllose Bälle – von Juristen, Steuerberatern, über den Wolken bis hin zu Papillon, war bei den Staatsbesuchen der Prinzessinnen Mette-Marit (Norwegen) und Mary (Dänemark) dabei, berichtete von Ballett,-Opern,- und Theaterpremieren, war bei alteingesessenen Hamburger Kaufmannsfamilien zu Besuch („Bitte keine Fotos, dafür haben Sie doch Verständnis“), habe oft und gern das Matthiae-Mahl begleitet, Polo-Turniere auf Sylt durchgefroren, ließ mir das köstliche Gulasch des unvergessenen TV-Produzenten Gyula Trebitsch schmecken und mich von der ebenso unvergessenen Inge Meysel herzhaft abbusseln.

Sir Peter zwitscherte und imitierte während des Essens Tierstimmen

Und war eben 1997 bei den Dreharbeiten zum James Bond-Streifen „Der Morgen stirbt nie“ dabei. Dabei standen Aufnahmen im Hotel Atlantic an. „Sabine, das ist etwas für dich“, hieß es in der Redaktion. Ehrensache! Also kroch ich über den mit alten Sofas, Geschirr und Kerzenleuchtern vollgestellten Speicher des Luxushotels, immer an den Fersen der Filmcrew, damit Pierce Brosnan alias James Bond über die legendäre Weltkugel an der Fassade der „weißen Dame an der Alster“ hinunterklettern konnte. Und da war er, der große Moment des Jackettwurfs. Pierce Brosnan war es warm geworden und er verwechselte mich schlicht und ergreifend mit der ihm zugeteilten Assistentin ... aber als Party-Gag ist die Anekdote bis heute ein Bringer!

Dann kam Sir Peter Ustinov für ein Theater-Gastspiel in die Stadt. Ich sollte mir etwas anderes ausdenken als das übliche Interview. Wenig später stand fest: Ich bin zum Frühstück mit einem der vielseitigsten Künstler unserer Zeit verabredet. Natürlich im Hotel Vier Jahreszeiten, in dem der Sohn eines russischstämmigen deutschen Journalisten und einer französischen Bühnenbildnerin stets abzusteigen pflegte, und wo bis heute eine Suite nach ihm benannt ist. Was soll ich sagen – dieses Frühstück wird immer unvergessen bleiben. Es war ein Fest für die Sinne und damit sind weder Brötchen noch Rührei gemeint.

Sir Peter zwitscherte, gluckerte, imitierte im Laufe des Essens Tierstimmen, machte prominente Kollegen nach, gab eine Parodie von Queen Elizabeth zum besten, sang Arien, mimte zwischen Marmeladencroissant und Käsehäppchen einen russischen Spion ebenso wie einen italienischen Macho-Liebhaber. Ich hatte Riesenspaß, die anderen Hotelgäste im Frühstücksraum gaben ganz unhanseatisch Szenenapplaus und der Schauspieler verausgabte sich dermaßen, dass er sich ein frisches Hemd anziehen musste. „Schade, dass es keine Zeitung zum Hören gibt“, meinte damals der diensthabende Blattmacher.

Oder Nigel Kennedy, der Star-Violinist, der nur für mich allein in einer dunklen Abseite der Musikhalle ein Privatkonzert gab. Ich hatte ihm zu Beginn des Gesprächs gestanden, dass ich noch nie in einem seiner Konzerte war. Woraufhin er divenhaft das Gespräch hätte abbrechen und den Manager anmeckern können. Aber Nigel Kennedy war cool, packte ganz unaufgeregt sein Instrument, eine Guarneri-Geige von 1735, aus und – spielte los. Ein ergreifender Moment.

Sabine Sautter, 45, war von 1994 bis 2009 Redakteurin beim Abendblatt und leitet heute die Unternehmenskommunikation eines Arbeitsmarktdienstleisters