Ian Karan lädt Hamburgs Lenker und Denker zum Spitzengespräch „von Angesicht zu Angesicht” über das Thema Gemeinsinn ein.

Neustadt. 1348 sogenannte Freunde auf Facebook, 956 Follower auf Twitter und schnell geklickte Likes statt ausführlicher Meinungen. Da fällt es schwer, den Menschen hinter den Bits und Bytes zu erkennen. Deshalb hat Unternehmer Ian Karan in diesem Jahr die Veranstaltungsreihe "Hamburgs Spitzen" ins Leben gerufen - persönliche Begegnungen der "Lenker und Denker" aus Wirtschaft, Kultur, Medien, Sport und Wissenschaft statt virtuellem Netzwerken. "Gespräche von Angesicht zu Angesicht sind das Beste, um Enttäuschungen zu vermeiden", sagte der ehemalige Wirtschaftssenator.

Gestern trafen sich die gut 160 "Spitzen" im Hotel Vier Jahreszeiten an der Alster. Das Thema des Abends: Gutes tun und dann? Wie Gemeinnützigkeit unsere Arbeit prägt. "Wir in Hamburg haben ein gesegnetes Leben, und trotzdem klafft zunehmend eine Lücke zwischen Armen und Reichen auf", sagte Veranstalter Karan. "Gemeinsinn ist heute wichtiger denn je, da bei knappen Kassen Regierungen und Gemeinden auf die Bedürfnisse der Bedürftigen nicht eingehen können."

Im "Spitzentalk" diskutierten Fernsehköchin Cornelia Poletto, Drogeriekettenchef Cord Wöhlke (Budnikowsky), Matthias Schröder, Vorstandsmitglied der Hamburger Volksbank, und Michael Trautmann von der Agentur thjnk (früher kempertrautmann) das Thema. Moderiert wurde die Runde von Julia Westlake.

Zu den Gästen gehörten Sabine Rossbach, Direktorin des Landesfunkhauses Hamburg, Aurubis-Vorstand Peter Willbrandt, Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) und Landgerichtspräsidentin Sibylle Umlauf.

"Tu Gutes und sprich darüber" ist ein oft verwendeter Satz in der PR-Branche. Kritiker haben es in "Tu Gutes und schweige darüber" umgewandelt. Also was denn nun? "Als Mitinhaber einer Werbeagentur tendiere ich dazu, auch darüber zu sprechen", sagte Michael Trautmann. Es sei aber wichtig, die Reihenfolge einzuhalten. "Also erst etwas tun und dann darüber sprechen." Für Unternehmen seien beide Wege grundsätzlich richtig. "Schwierig wird es immer dann, wenn die Verhältnismäßigkeit nicht stimmt und der finanzielle Aufwand für die PR das eigentliche Engagement übersteigt."

Das sieht Cord Wöhlke ähnlich: Am wichtigsten sei immer die gemeinnützige Aktion. Wenn daraus dann positive PR entsteht, sei das erfreulich - aber zweitrangig. ,Tu Gutes und schweige darüber' ist gut", sagte er. "Aber noch besser ist es, andere Menschen anzusprechen und auf Probleme aufmerksam zu machen." Auch Julia Westlake schweigt lieber. "Aber wenn man auf Missstände hinweisen kann, dann sollte man auch die Stimme erheben und darüber sprechen", sagte die Moderatorin. Sie fürchte aber, mit Unternehmen sei es ähnlich wie mit vielen Prominenten. "Der Wille, in die Zeitung zu kommen, ist oft größer als die Ehrlichkeit im Umgang mit dem Projekt", sagt Westlake. "Deshalb mache ich auch um die meisten Charity-Events einen großen Bogen." Dann besser direkt spenden.