Amerikanische Hauptdarsteller und Orchester beginnen mit Proben für “Rocky“-Musical. Welturaufführung am 18. November

HafenCity. Er ist ein bulliger Typ. Der Mann, der vom 18. November an Abend für Abend als Rockys Gegner Apollo Creed im Operettenhaus auf St. Pauli in den Boxring steigen wird. Terence Archies Rücken ist breiter als der eines Leistungsschwimmers in Topform, sein Bizeps flößt jedem Gewichtheber Respekt ein. Hätte er nicht so ein sympathisches Lächeln und so eine herzliche Art, man würde ihm nachts im Dunkeln besser nicht begegnen wollen. Gestern stellte der Musicalproduzent Stage Entertainment in seiner Zentrale in der Speicherstadt den 37-jährigen Terence Archie und die übrigen Darsteller des Musicals "Rocky - Fight from the Heart" vor.

Es war ein Tag der ersten Male für das gesamte Ensemble. Die Künstler sangen nicht nur erstmals vier Lieder des Bühnenstücks in deutscher Fassung vor einem Publikum, sondern hatten auch ihre erste Sitzprobe. Es war also eine Premiere, dass die Darsteller gemeinsam mit dem Orchester probten und auftraten - genau einen Monat vor der Welturaufführung des Musicals.

Archie ist das einzige Ensemblemitglied, das bereits in New York an der darstellerischen Konzeption beteiligt war. In einem Entwicklungsworkshop hatte er die Produzenten so sehr von seinem Talent beeindruckt, dass sie ihn ohne zu zögern engagierten. Das Musical feiert zwar in Deutschland auf der Hamburger Reeperbahn seine Premiere, die Lieder und die Choreografien aber stammen von Broadway-Profis wie Thomas Meehan (Buch), Stephen Flaherty (Musik) und Lynn Ahrens (Texte) aus Amerika.

Das Stück basiert auf dem ersten "Rocky"-Film von 1976, der dem Schauspieler Sylvester Stallone zu Weltruhm verhalf. Der Hollywood-Star schrieb damals das Drehbuch und spielte selbst die Hauptrolle. Heute beteiligt er sich als Koproduzent an der Umsetzung des Musicals, das die Geschichte des Amateurboxers und Schuldeneintreibers Rocky Balboa (gespielt von dem Deutsch-Amerikaner Drew Sarich) erzählt. Der arme Kerl hat jeden Monat aufs Neue Probleme, die Miete für sein Apartment in Philadelphia zusammenzubekommen und kämpft nebenbei um das Herz der schüchternen Adrian (gespielt von Wietske van Tongeren). Sein Leben ändert sich, als Rocky das Angebot des massigen Profiboxers Apollo Creed erhält, gegen ihn zu kämpfen. Eigentlich eine pure PR-Aktion, denn der erfahrene Profi-Boxer wiegt sich in der trügerischen Sicherheit, den Underdog im Ring fertigzumachen.

Terence Archie lebte fast 15 Jahre lang in New York. Für "Rocky" tauschte er die Metropole am Hudson River gegen die Perle an der Elbe ein. "Ich fühle mich sehr geehrt, dass ich der einzige Darsteller aus New York bin, der mit nach Hamburg genommen worden ist", sagt er stolz. Sein Apartment in der alten Heimat hat er gekündigt, seine Frau begleitet ihn auf dem Abenteuer, das Deutschland heißt. "Ich hatte bisher noch nicht so richtig Zeit, Heimweh zu haben. Was ich aber schon jetzt vermisse, sind amerikanische Burger und richtig frittiertes Essen", sagt der Schauspieler, der unter anderem in dem Broadway-Stück "Ragtime" und in einer kleinen Rolle der amerikanischen Fernsehserie "Law & Order" zu sehen gewesen ist.

Die extreme Vorliebe für ungesundes Fast Food schlägt dem Apollo-Creed-Darsteller allerdings kein bisschen auf die Hüften. "Ich trainiere mindestens eineinhalb Stunden täglich. Ausdauer, Cardio, Boxen", sagt er.

Damit die Boxszenen möglichst authentisch aussehen, bekommen die Darsteller professionelles Training. Die Boxbrüder Wladimir und Vitali Klitschko fungieren als Berater. "Ich wache jeden Morgen auf und prüfe als Erstes, was mir wehtut", sagt Rocky-Darsteller Drew Sarich, der neben Terence Archie wie eine halbe Portion wirkt. "Mit Archie zu trainieren ist schon eine Herausforderung. Er ist ein Tier, aber ich vertraue ihm blind", sagt Sarich und zeichnet mit einer Handbewegung die enorme Masse seines Kollegen nach. Im Training kommt es auf wenige Millimeter an. Es soll so aussehen, als würden sich Rocky und Apollo Creed so richtig vermöbeln. "Zum Glück haben wir es immer so hinbekommen, dass die Faust kurz vor dem Gesicht stoppt. Bisher wurde noch keiner verletzt", sagt Sarich.

Uwe Dreves, der Rockys Trainer Mickey ein Gesicht gibt, hat ein Heimspiel im Operettenhaus. Der gebürtige Weimarer stand in den vergangenen zwei Jahren als Monsignore Howard in dem Musical "Sister Act" auf der Bühne. "Ich wollte die Rolle unbedingt haben, und ich musste drei Monate warten, bis das Okay kam. Mickey ist ein hochinteressanter Charakter mitten aus dem Leben", sagt Dreves. Dann fügt er lachend hinzu: "Und natürlich wollte ich noch länger in Hamburg bleiben." Oft aber fährt er in seiner freien Zeit nach Berlin, wo seine Familie lebt. "Meine Frau kommt aber immer öfter hierher. Ich warte schon auf den Moment, in dem sie fragt, wann wir uns eine größere Wohnung hier nehmen", schmunzelt der Schauspieler. Vor Kurzem hat er schon einmal sein Motorrad in die Hansestadt geholt. Mit dem will er das Umland erkunden und Ausflüge ans Meer machen. Jetzt aber hat für Dreves und seine Kollegen erst einmal "Rocky" oberste Priorität. Denn in vier Wochen heißt es "Ring frei" im Operettenhaus.