Pascal Funke hat Konzert-Agentur von seinem Vater übernommen. “Nichts ist so breit wie der Musikgeschmack des Publikums“.

Hamburg. Pascal Funke ist der Chef. Er residiert im ersten Stock des schmalen, weißen Stadthauses Alsterterrasse 10, an einem sehr aufgeräumten Schreibtisch. Funke Media und die Konzertdirektion Dr. Rudolf Goette werden von hier gesteuert, zusammen in der Klassik und Unterhaltung 200 bis 250 Veranstaltungen pro Jahr - von Helmut Lotti, den Ten Tenors und Ina Müller bis zu den ganz Großen des Klassikgeschäfts. "Nichts ist so breit wie der Musikgeschmack des Publikums", sagt er.

Wenn ein lukrativer Künstler an ihm vorbeigeht, verdient Funke auch an den Konzerten der Konkurrenz mit seinen 19 Funke-Konzertkassen - "so hab ich immer noch den Trostpreis. Und sie profitieren so auch von mir". Heute Abend feiert Funke mit Leonard Bernsteins Musical "West Side Story" die Premiere seiner diesjährigen Sommerbespielung der Staatsoper. Er selbst hat sich die Produktion schon vor zwei Jahren in New York angeschaut, um sie nach Hamburg zu holen.

Wenn er über Kunst spricht, geht es schnell um Zahlen. "West Side Story - das sind 31 Vorstellungen mit mehr als 50.000 Eintrittskarten, die in Hamburg vermarktet werden müssen, das entspricht fünfmal einer ausverkauften O2 World." Bange ist ihm da nicht; er weiß, wie das Geschäft funktioniert. Sein Vater Hans-Werner Funke hat die Firma aus dem Nichts aufgebaut. Und rechtzeitig an den jüngeren seiner beiden Söhne übergeben. "Mein anderthalb Jahre älterer Bruder Patrick ist Theatermaler an der Staatsoper. Meine Eltern haben ja sehr unterschiedliche Talente. Das kaufmännische meines Vaters ist mir in die Wiege gelegt worden, das künstlerische meiner malenden Mutter ist bei meinem Bruder gelandet."

+++ "West Side Story" kommt als Gastspiel nach Hamburg +++

Jahrgang 1970 ist er, aufgewachsen in Wellingsbüttel. Einen Konzertveranstalter zum Vater zu haben ist etwas Besonderes. "Ich habe schnell gemerkt, dass sich für ihn vor einem Saal und hinter einem Saal alle Türen öffneten, das war schon spektakulär." Funkes erste Funke-Veranstaltung? "Zu meinem sechsten Geburtstag saß ich mit meinen Freunden in der ersten Reihe bei Otto Waalkes."

Später sind es Jobs in Vaters Firma, die ihm neben Banklehre, Bundeswehr und Betriebswirtschaft einen willkommenen Nebenverdienst bringen und bei denen er das Geschäft in allen Facetten kennenlernt: Archiv aufräumen, Ablage machen, Plakate zu den Theaterkassen tragen, Geld abholen, Programmhefte verkaufen, die Abendkasse.

Ob der Vater ihn in Richtung Nachfolge gedrängt hat? "Er wollte nur wissen, wohin die Reise geht", sagt er diplomatisch. Vor dem Abi schon sei ihm klar gewesen, dass er in das Geschäft einsteigen wolle. 1997, mit 27 Jahren, tut er's. Um die starke Persönlichkeit des Vaters wissend, aber gleich als Mitgesellschafter. Da treffen zwei Charaktere aufeinander, die so unterschiedlich sind, dass es schon wieder passt.

Hans-Werner Funke, 74, ist stadtbekannter netzwerkender, lautstarker Interessenvertreter und manchmal auch Poltergeist bis heute. Auf ihn war das 100-Personen-Unternehmen zugeschnitten, für den Übergang auf den Sohn - mit festem Zeitplan - musste sich das ändern. "Es war interessant zu sehen, wer wie lange und mit was noch zu ihm geht oder schon zu mir."

Als Firmengründer habe der Vater - "er ist mehr Bauch, ich bin mehr Kopf" - sehr viel intuitiver agieren müssen, "heute sind die Märkte komplexer und schwieriger. Ich muss ein Auge für die Risiken haben und das eine oder andere auch mal nicht machen." In den nächsten zehn Jahren werde der Bewegungsradius größer werden müssen: "Hamburg alleine reicht nicht, das merken wir jetzt schon."

Die Übergabe funktionierte in Harmonie? Pascal Funke antwortet mit einem Sprung in die Vergangenheit. Er wollte mal für seinen Nebenjob in der Firma eine Mark mehr pro Stunde. Der Vater, sparsame Nachkriegsgeneration, sagt Nein und bietet, als der Sohn mit Arbeitsverweigerung droht, 50 Pfennig mehr. Pascal kontert: "Wenn ich verhandeln wollte, hätte ich zwei Mark gesagt." Inzwischen ist der Senior ganz ausgestiegen, auch als Gesellschafter. Für möglich gehalten hatten das nur wenige. "Er hat erkannt: Es gibt keine Unsterblichkeit. Und entschieden: Da müsste man doch schon zu Lebzeiten in der Lage sein, das eine oder andere zu akzeptieren."

Man sieht sich fast jedes Wochenende einmal zum Frühstück bei Familie Funke jr. in den Elbvororten - "meine Eltern, mein Bruder." Und die beiden Söhne Felix, 4, und Florian, 2. "Alles F-Namen, das ist einprägsamer." Auch hier kann der Großvater zufrieden sein. Der Mann mit dem Motto "Beziehungen schaden nur dem, der sie nicht hat", hat an etlichen Stellen im Lebensweg des Sohnes mehr oder weniger dezent dafür gesorgt, dass alles glattläuft. Pascal Funke: "Ein Scheitern meinerseits wäre ein bisschen ein Scheitern seinerseits." Heißt also: geht gar nicht.

Auch bei seiner Ehe blieb nichts dem Zufall überlassen. "Silvia und ich wurden verkuppelt", sagt Pascal Funke frappierend offen - ein durch Freunde seiner Eltern und die Eltern seiner heutigen Frau elegant arrangiertes Kennenlernen zu einer Zeit, als beide noch in anderen Beziehungen steckten. "Fand ich erst gar nicht witzig. Aber als ich die Tochter sah, fand ich das eine sehr gute Idee." Das war bei einem Neujahrsempfang, 2005. "Ende Januar waren wir zusammen, im Mai sind wir zusammengezogen, im August gab's den Heiratsantrag, 2006 wurde geheiratet."

Ob die Kinder später mal das Geschäft ...? "Wenn sie wollen, ja. Wenn nicht - dann nicht." Der Großvater aber, der träumt natürlich davon.