Ein Tischgespräch mit Hans Fabian Kruse, der seit Anfang 2011 das Alpenland in Hamburg vertritt. Wie gut, dass seine Frau aus Kärnten kommt.

Hamburg. Die Republik Österreich hat seit 27. Januar einen Honorarkonsul in Hamburg, das Generalkonsulat wurde im vergangenen Jahr geschlossen . Ins Konsularische Corps, wo der Rang nach der Anciennität - also dem Dienstalter - gerechnet wird, reiht sich der Vertreter Österreichs noch ziemlich weit unten ein. Dennoch kann Hans Fabian Kruse, der neue Amtsinhaber, auf die längste konsularische Tradition zurückblicken, die es in Hamburg überhaupt gibt: Seit 1570 ist das Alpenland in Hamburg präsent.

Zum Lunch schlägt er das Restaurant Tschebull im Levantehaus vor. Gewählt wird ein herbstliches Hirsch-Carpaccio mit getrockneten Rotweinfeigen, weißem Rettich und grüner Pfeffermayonnaise und dann Alt-Wiener Tafelspitz mit Apfel-Kren (was für die Hamburger sicherheitshalber in Apfel-Meerrettich übersetzt ist), mit Cremespinat und Röstkartoffeln. Zum Essen trinkt man einen leichten Weißen, einen "Gemischten Satz", Wein aus einem Weinberg also, wo die Reben in mehreren Sorten gepflanzt werden - die Österreicher haben sich den Namen von der EU schützen lassen. Und zum Abschluss sollen es Salzburger Nockerl sein, ein Soufflé aus Eiern und Zucker.

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Hans Fabian Kruse, 52, ist waschechter Hamburger; aber mit österreichischem Urgroßvater und einer österreichischen Familie - seine Frau Edda stammt aus Kärnten, alle fünf gemeinsamen Kinder sind Österreicher. Zu Hause darf er sich deshalb auch regelmäßig über gute Kärntner Küche freuen. Er selbst ist mit den Eltern häufiger nach Wien gefahren. Außerdem engagiert sich der geschäftsführende Gesellschafter von Wiechers & Helm und erfahrene Außenhandelskaufmann ("Chemie, Pharma, Quarze, Maschinen, Ersatzteile. Mein Vater hat 84 Länder bereist, ich erst 75") ehrenamtlich, unter anderem als Präsident beim AGA, dem Norddeutschen Unternehmensverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistung. So war es kein Wunder, dass Kruse vom scheidenden Generalkonsul Österreichs als ein möglicher Nachfolger benannt wurde. Und dann auch den ersten Fünf-Jahres-Vertrag als Honorarkonsul bekam.

"Die Grundausstattung des Konsulats sind ein offizielles Amtsschild, eine Österreich-Flagge, eine Europaflagge, drei Amtsstempel, ein Bild vom Bundespräsidenten, ein Bild vom Staatswappen sowie eine Landkarte", erzählt Kruse. Einen konsularischen Ausweis in Form einer Plastikscheckkarte steuert die Stadt Hamburg bei. Mit einem VIP-Hologramm und der Exequatur, der Beurkundung, dass er seine Amtsgeschäfte ausüben möge. Die Ausweiskarte garantiert Immunität in Ausübung des Amtes. "Falsch parken ist nicht", diesen Hinweis des Staatsrats bei der Übergabe gab's gratis dazu.

Obwohl man, anders als der Name vermuten lässt, kein Honorar bekommt, hat Kruse das Amt übernommen. "Es war eine glückliche Konstellation, ausgerechnet ein Land, dem ich sehr verbunden bin." Zwar schrumpfen die Aufgaben in der zusammenwachsenden EU, doch nun können die etwa 4000 Österreicher in Hamburg wieder montags bis freitags von 9 bis 12 Uhr Pässe in Hamburg bekommen und verlängern lassen. Als Sekretärin für das Konsulat hat Kruse seine langjährige Assistentin angestellt, mit neuem Vertrag. "Für mich war das ein Glücksfall. Sie hat die nötige Erfahrung und das Fingerspitzengefühl", sagt er.

Die Wirtschaftsbeziehungen mit Hamburg gedeihen prächtig. Das war eigentlich immer so. Österreich suchte früh den Weg nach Übersee und gewann Hamburg zum Partner. Heute werden pro Jahr etwa 150 000 Import- und 120 000 Exportcontainer aus Österreich über Hamburg verschifft, pro Woche von 70 Ganzzügen hin- und hertransportiert. Früher ging es mehr ums politische Interesse, und das zahlte sich für beide Seiten aus.

Nach dem Großen Brand von 1842 schickte der österreichische Kaiser aus seiner Privatschatulle 40 000 Gulden für den Wiederaufbau, und man erließ eine fünfjährige Zollbefreiung auf Exportgüter nach Hamburg. Nur 15 Jahre später spannte Wien einen Rettungsschirm für Hamburg auf, das aufgrund einer internationalen Wirtschaftskrise zahlungsunfähig war. Zehn Millionen Mark in Silber wurden per Bahn an die Elbe gebracht - und schon sechs Monate darauf mit Zinsen zurückgezahlt. Und sechs der 20 Kaiser an der Hamburger Rathausfassade sind Habsburger. Wer Österreicher treffen will, kann in Hamburg zwischen drei Vereinen mit einem regen Vereinsleben wählen: dem Österreicher-Verein, dem Austria German Club und der Deutsch-Österreichischen Gesellschaft Hamburg, "und dann natürlich die österreichischen Lokale in Hamburg", sagt der Hanseat, dem gern mal ein "heuer" (für "dieses Jahr") ins Norddeutsche rutscht.

Seine bisher größten Aufgaben: den oberösterreichischen Landeshauptmann bei dessen Hamburg-Besuch begleiten, auch zum Ersten Bürgermeister. Und die Feier zum Nationalfeiertag ausrichten, mit dem sich Österreich an das Neutralitätsgesetz von 1955 erinnert, das die Voraussetzung für den Abzug der Alliierten nach dem Krieg war. "Natürlich kommen da meine Frau und meine Töchter im Dirndl", erzählt Kruse. Zum Schluss, als die mächtigen Gipfel der Salzburger Nockerl glücklich bezwungen sind, verrät er auch noch, was ihm das Amt des Konsuls tatsächlich bringt: "In wirtschaftlichen und politischen Kreisen bin ich auch schon vorher mit meinen Ämtern gewesen. Bei Ehrenämtern ist die Rendite immer die Freude, etwas zu tun, was Sie gern machen und was Sinn macht. Im Endeffekt mache ich mir also eine Freude damit."