Musiker Udo Lindenberg eröffnet die Ausstellung seines Lebenswerks im Museum für Kunst und Gewerbe mit einem umjubelten Auftritt.

Hamburg. Panik im Museum: Eine solche Ausstellungseröffnung hat es im Museum für Kunst und Gewerbe wohl noch nie gegeben. Ab 18.30 Uhr drängte sich ein recht buntes Volk durch die Säulenhalle des ehrwürdigen Hauses am Steintorplatz. Diesmal nicht, um Porzellane oder Silberschmuck, Jugendstilglas oder das Gold des Skythen zu bewundern, sondern um einem Mann zu huldigen, dem man eigentlich nicht im Museum vermutet: "Udo. Die Ausstellung", das klingt ein bisschen wie "Otto. Der Film", und obwohl das kein Zufall sein dürfte, geht es um ein sehr viel ernsthafteres Projekt.

Die Lindenberg-Retrospektive, die in anderer Form bereits im brandenburgischen Schloss Neuhardenberg gezeigt wurde, nun aber erst in Hamburg ihr großes Publikum erreichen wird, ist ambitioniert und facettenreich, witzig und anrührend, klamaukig und ernsthaft, ganz so wie der Künstler, dessen Lebenswerk hier ausgebreitet wird.

Udo in Hamburg , das ist ein Heimspiel. Mag sein, dass sein Musical "Hinterm Horizont" gut nach Berlin passt, er selbst ist trotz gelegentlicher Umzugslaunen nur hier wirklich heimisch. Und wenn es eines Beweises dafür bedurft hätte, dann hat ihn die hamburgisch-familiäre Atmosphäre dieser Party geliefert, die trotz der Ansprachen von Museumsdirektorin Sabine Schulze und Bernd Kauffmann, dem Generalbevollmächtigten der Stiftung Schloss Neuhardenberg, sowie des Schulterklopfens manches alten Weggefährten wie Jan Delay vor allem eines war: ein Fest für Fans. Dass Udo in den ehrwürdigen Hallen schließlich zum Mikro griff und eine runde Dreiviertelstunde lang umjubelte Hits wie "Cello", "Mein Ding" oder "Sonderzug nach Pankow" zum Besten gab, machte diesen außergewöhnlichen Museumsabend perfekt.

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In der Ausstellung: erwartungsgemäß dichtes Gedränge. Am Eingang glitzert auf schwarzem Grund der silberne Schriftzug "Panik", von dem ein roter Teppich mit der weißen Aufschrift "UDO" in den Hauptraum mit Diskokugel führt. Einer Art "Hall of Fame", an deren Stirnseite die Cover aller 42 LPs zu bewundern sind. Beiderseits der Eingangstür je ein Schlagzeug: links die berühmte Farbspritzmaschine "Ejakulator", rechts jene originale "Schießbude", die Miles Davis Udo einst geschenkt hat. Trotz der etwa 400 Exponate wirkt die Schau nicht überfrachtet, vor allem ist sie klar gegliedert, sodass sich die recht disparaten Ausstellungsstücke dennoch zu einem Bild fügen.

In 14 Kapiteln wird das Phänomen Lindenberg dargestellt, nicht chronologisch, sondern thematisch. Stichworte wie Alkohol und Malerei, das Panikorchester, Freunde und Weggefährten spielen ebenso eine Rolle wie das politische Engagement. Auszüge aus der Stasi-Akte sind an der Wand zu sehen, dazu ein Modell der Lok jenes Sonderzuges, den die Deutsche Bahn nach der Wende tatsächlich nach Pankow rollen ließ. Ausgiebig seine Kunst, Bilder mit Witz und Sinn für herrliche Überzeichnung, wie etwa jenes, das eine sexy Angela Merkel zeigt. Ebenso skurril wie anrührend ist der Fanraum mit den Schätzen zweier Udo-Fans aus dem sächsischen Oberfrohna, die schon seit den frühen 80er-Jahren Udo-Devotionalien sammeln, bis zum Fall der Mauer unter extrem erschwerten Bedingungen.

Die Eltern - Gustav und Hermine - werden ebenso gewürdigt wie der ältere Bruder, Kunstmaler Erich Lindenberg, der 2006 völlig unerwartet starb. Hinter Glas auch Udos Zeugnis aus der Städtischen Realschule Gronau mit eher durchwachsenen Resultaten. Führung: "gut", häuslicher Fleiß: "befriedigend", Handschrift: "mangelhaft". Auch in Musik gab's nur ein "befriedigend".

Wer sich auf die Ausstellung einlässt, dem erschließt sich nicht nur der Künstler, sondern mosaikartig auch das Bild eines außergewöhnlichen Menschen, der sich üblicherweise hinter Hut, dunkler Sonnenbrille und manch flapsig genuscheltem Spruch verbirgt.

"Udo. Die Ausstellung". Museum für Kunst und Gewerbe, Steintorplatz, bis 11.3.2012, Di-So 11-18, Do bis 21 Uhr