PSD-Chef Dieter Jurgeit hat schon 150 AC/DC-Konzerte besucht. Jedes Wochenende fliegt der 52-Jährige mit der Familie zur Mutter.

Hamburg. Wenn Dieter Jurgeit von seinem Leben erzählen soll, wird der 52-Jährige zum Entertainer. Er könnte die Idealbesetzung für eine unterhaltsame One-Man-Show sein, wenn der gebürtige Rheinländer nicht schon einen wesentlich verantwortungsvolleren Job hätte. Seit elf Jahren ist Dieter Jurgeit Vorstandsvorsitzender der PSD-Bank Nord mit Sitz in Wandsbek. "Und ein Robin Hood, das bin ich auch noch", sagt er und lacht. Dann zieht er sein Sakko aus - unnötiger Ballast für den Manager. "Sie haben ja jetzt gesehen, dass ich eines habe, aber es soll ja ein lockeres Interview werden."

Der Banker strahlt eine Freundlichkeit aus, die sofort die vielen Vorurteile gegenüber Bankern vergessen lässt. Er bestiehlt zwar nicht die Reichen wie der freundliche Dieb aus dem Sherwood Forest, aber er ist sich genau wie Robin Hood seiner Verantwortung gegenüber der Gesellschaft bewusst. "Ich bin aber kein Sozialonkel", sagt er bescheiden und erwähnt dann in einem Nebensatz, dass er in den vergangenen Jahren mehr als 70 soziale Projekte in der Hansestadt angeschoben hat.

Zu dieser Einstellung passt, dass der Wahlhamburger eine Genossenschaftsbank leitet und keine Bank, die nur auf eine große Rendite aus ist. "Wir versuchen uns darauf zu besinnen, was eigentlich die grundlegenden Aufgaben einer Bank sind", sagt Jurgeit, der den klassischen Karriereweg eines Bankers mit Ausbildung und BWL-Studium absolviert hat. "Menschen leihen uns ihr Geld und bekommen gute Zinsen dafür, wir verleihen es an diejenigen, die es brauchen." Keine Spekulationen, kein Risiko, keine Hedgefonds - auf dieses Modell ist Jurgeit stolz. "Wir besinnen uns eben auf die Wurzeln des Bankgeschäfts", sagt er. "Gewinnmaximierung wie bei einer Aktiengesellschaft steht bei uns nicht an erster Stelle."

Überschüsse werden vielmehr für Sozialsponsoring und gute Kundenbetreuung ausgegeben. Was ihn von Investmentbankern unterscheidet? "Einfach alles", sagt Jurgeit bestimmt. "Ich verurteile es, dass Großbanker mit ihren riskanten Geschäften den Ruf vieler hart arbeitender Bankvorstände so beschädigt haben." Und dabei müsse man sich nur auf klare Werte und Normen eines ehrbaren Kaufmanns besinnen.

Werte und Normen verfolgt Dieter Jurgeit auch privat. Sein Tagesablauf ist gut geplant, seine Prioritäten setzt er bewusst. "Menschen wie ich brauchen Rituale und Strukturen, um ein hohes Arbeitspensum überhaupt bewältigen zu können. Ansonst ist der Akku irgendwann leer, und das Familienleben leidet." An jedem Freitagabend geht es mit Ehefrau und Tochter per Flugzeug ins Rheinland, zu ihrem zweiten Wohnsitz in Forsbach bei Köln.

Pünktlich um 13.30 Uhr am Sonnabend steht das wöchentliche "Mittagessen bei Mama" an, von dem er minutenlang schwärmt. Drei Generationen scharen sich um den Tisch der Großeltern, und dann gibt es "deftige Hausmannskost, so wie es sich gehört". Auch der Besuch am Grab seiner Großmutter gehört zum Wochenendprogramm. "Und dann wird am Nachmittag noch mit den Jungs aus meinem Abiturjahrgang gebolzt", sagt Jurgeit, dessen Herz für zwei Fußballvereine schlägt. "Na, raten sie doch mal - der erste 1. FC Köln ist klar. Und dann natürlich der FC St. Pauli, ich bin immer für die Underdogs, die mit ihrer ehrlichen Art ihre Fans begeistern." Die PSD-Bank kooperiert eng mit dem FC St. Pauli, mit seinem Freund, dem HSV-Star Uwe Seeler, macht er sich für viele soziale Projekte stark. Zudem sammelt er als Gründungsmitglied des Lions Club "MS Deutschland" auf Kreuzfahrten Geld für Not leidende Kinder.

Und wenn die Akkus trotz perfekten Timings einmal leer sind? Auch dafür hat der Rheinländer ein persönliches Geheimrezept. "Dann verschwinde ich für einen Tag in Richtung Salzburg nach Kiefersfelden und gönne mir einen Tag ganz allein mit dem Herrgott in den Bergen", sagt Jurgeit. "Das mache ich seit 33 Jahren - und es wirkt." Ist die Erschöpfung nicht ganz so groß, genügt ihm jedoch auch ein Hard-Rock-Konzert, am liebsten von AC/DC. Seit 1977 besucht er die Konzerte der australischen Kultband, seine rund 150 Eintrittskarten, die sich im Laufe der Jahre angesammelt haben, sind ihm heilig. "Viele wundern sich bei der Vorstellung, dass ein Bankvorstand ein Rockkonzert besucht und als einer der größten Fans in der ersten Reihe steht", sagt er. "Diese Musik ist wie Lebenselixier."