Die Zukunft der Kreativwirtschaft war das Thema beim “wildWechsel“. Laut Frank Otto hatten bislang “die Gehemmten“ das Sagen.

Hamburg. Es ist ein Ort mit Symbolcharakter, an den die städtische Kreativ Gesellschaft zum "wildWechsel", dem ersten großen Treffen der Hamburger Kreativwirtschaft, geladen hat. Im Oberhafenquartier in einer alten Güterhalle tummeln sich 400 Gäste aus der Branche. Vor einer Kulisse aus einer handfesten Vergangenheit, die Kopfarbeiter stets mit Argwohn betrachtet hat, beschwören sie die Macht der Kreativität.

Allen voran Wolf Lotter. Der Kogründer des Magazins "brand eins" und Autor des Buchs "Die kreative Revolution" sieht das Ende der klassischen Güterwirtschaft gekommen: "Mit Wissen verdienen wir längst mehr als mit Waren." Und auch den Motor dieser Transformation hat er ausgemacht: "Die Kreativität ist für die Wissensgesellschaft das, was die Dampfmaschine für die Industriegesellschaft war."

Er entwirft das Bild einer Gesellschaft, in der bislang "die Gehemmten" das Sagen hatten; diejenigen, die zwar zielgerichtet, aber mit Scheuklappen arbeiten würden. Doch jetzt sei die Zeit "der Gestörten" gekommen; der Kreativen, die eine "geringere Latenzhemmung" hätten, mehr wahrnehmen würden und entsprechend sprunghafter seien. Lotter schließt seine Rede mit der Forderung an Bürgermeister Olaf Scholz (SPD), er möge Hamburg "auch offiziell" zu dem machen, was es "de facto bereits ist: Deutschlands Kreativhauptstadt". Auch der Bürgermeister, kurz vor der Abreise nach China, betonte in seinem Grußwort die Wichtigkeit der kreativen Branchen für die Stadt, als "Impulsgeber gesellschaftlicher Entwicklungen" wie als Wirtschaftsfaktor. Sein Fazit: "Wir können viel voneinander lernen."

Dass die von Lotter ins Spiel gebrachte "geringe Latenzhemmung" mehr als bloße Theorie ist, beweist der stetig ansteigende Lautstärkepegel. Der "kreative Schlagabtausch", für den unter anderem der Medienunternehmer Frank Otto und die Leiterin des "Trendbüros", Birgit Gebhardt, auf die Bühne gebeten wurden, geht im Ideen- und Telefonnummernaustausch der versammelten "Gestörten" beinahe unter. Nur Frank Ottos Blick in die Zukunft vermag noch durchzudringen. Seine Prophezeiung "Hamburgs beste Zeit liegt vor uns!" führt noch einmal zu stürmischem Applaus.