Seit Juni ist der gelernte Journalist Carsten Brosda Leiter des Amtes für Medien. Er will das Verständnis der Politik für die Branche fördern.

Hamburg. Von einem Problem des Medienstandorts Hamburg ist Carsten Brosda selbst betroffen: Seit Monaten sucht der Leiter des Amtes Medien in der Senatskanzlei für sich, seine Frau und die beiden zwei und vier Jahre alten Töchter vergeblich eine bezahlbare Bleibe. Gut, dieses Problem hat der 37-Jährige nicht alleine. Aber ist die Wohnungsnot wirklich eine Belastung für den Medienstandort Hamburg? Ja, sagt Brosda: "Ein junger, talentierter Werber, der in Berlin-Neukölln 5,50 Euro für den Quadratmeter zahlt, wird es sich zweimal überlegen nach Hamburg zu ziehen, wenn er weiß, dass er hier womöglich bei gleichem Gehalt für eine doppelt so hohe Miete aufkommen muss."

In seinen Gesprächen mit Medienschaffenden werde er immer wieder mit diesem Problem konfrontiert, sagt der Medienexperte von Bürgermeister Olaf Scholz. Er sieht seine Aufgabe vor allem darin, stets ein offenes Ohr für die Probleme der Branche zu haben. Eine sofortige Lösung hat er allerdings in den seltensten Fällen parat: "Wir sind nicht klüger als die Branche, der wir dienen", sagt er. Was Brosda aber tun kann, ist, die Wünsche der Medien weiterzutragen. Er kann beispielsweise im Senat darauf hinweisen, dass die Wohnungsnot mittlerweile die Entwicklungsmöglichkeiten dieser für die Stadt so wichtigen Branche einzuschränken droht. Als guter Mitarbeiter des Bürgermeisters vergisst selbstredend auch er nicht, auf das Senatsprogramm zum Bau von jährlich 6000 neuen Wohnungen hinzuweisen.

Und natürlich kann Brosda Prozesse anstoßen. Dabei geht es ihm nicht unbedingt um neue Mediengesetze. Er ist ein Anhänger der Selbstregulierung, die, wie er findet, zu dieser Stadt passt: "Hamburg hat eine gewisse liberale Coolness." Als beispielhaft erscheint ihm die Hamburger Erklärung des Mediendialogs vom Mai dieses Jahres, in der sich Onlinemedien und Werbebranche zu mehr Transparenz gegenüber den Internetnutzern verpflichteten.

+++ Amt für Medien: Olaf Scholz macht Journalisten zum Chef +++

Das Thema Ausbildung hat Brosda als besonders wichtig für die Profilierung des Medienstandorts identifiziert. Das Problem ist bisher nur, dass die verschiedenen Bildungsinstitutionen von der Universität über die Akademie für Publizistik und die Hamburg Media School bis zur privaten MacromediaHochschule für Kommunikation und Medien mehr oder weniger unkoordiniert nebeneinanderher werkeln. Deshalb hat Brosda einen runden Tisch der Hamburger Medienbildungseinrichtungen organisiert. Seine Vision ist es, die Stadt als den Standort für crossmediale Journalistenausbildung zu positionieren. Denn gerade mittlere und kleine Verlagshäuser seien überfordert damit, ihren Volontären eine Ausbildung zu bieten, die den Herausforderungen des digitalen Zeitalters gerecht wird. Für entsprechende Angebote sieht Brosda einen großen Bedarf.

Der Amtsleiter, der am 1. Juni seinen Dienst im Rathaus antrat, weiß, wovon er spricht. Er kommt vom Fach. Im Gegensatz zum ehemaligen Medienbeauftragten des Senats, Karl Dietrich Seikel, dessen Aufgaben er mit übernommen hat, war Brosda aber nicht Medienmanager. Er ist gelernter Journalist. Seit der Westfale bei einem Schüleraustausch in einer Highschool in Texas einen Journalismus-Kurs belegte, weiß er, dass für ihn keine andere Branche infrage kommt. Zurück im heimatlichen Gelsenkirchen wurde er freier Mitarbeiter der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" (WAZ). Später studierte er Journalistik und Politik an der Universität Dortmund. Im Rahmen dieses Studiums absolvierte er auch ein Volontariat bei der WAZ. Weil Brosda noch promovieren wollte, kam ihm das Angebot gelegen, als Halbtagskraft für die SPD-Pressestelle im Berliner Willy-Brandt-Haus zu arbeiten. Doch auch als die Dissertation ("Diskursiver Journalismus") fertig war, blieb er bei der SPD.

2004 wurde Brosda Sprecher von Gesine Schwan, die damals für das Amt des Bundespräsidenten kandidierte. Er schrieb Reden für Parteigrößen, darunter auch vier oder fünf für Gerhard Schröder. 2005 wechselte er ins Bundesarbeitsministerium, dem damals Franz Müntefering vorstand. Als 2007 Olaf Scholz Minister wurde, war Brosda Vize-Chef des Leitungsstabs. Zuletzt wirkte er als Kommunikationschef im Willy-Brandt-Haus.

Das Angebot aus Hamburg kam offenbar zur rechten Zeit. Denn Polit-Marketing allein füllte Brosda nicht mehr aus. "Das, was ich jetzt mache, die Vermittlung zwischen Medien und Politik, ist für mich ein Traumjob", sagt er. Wenn da nur nicht das Problem mit der Wohnungssuche wäre. Solange es nicht gelöst ist, lebt Brosdas Familie weiterhin in Berlin. Und er selbst pendelt: morgens mit dem ICE nach Hamburg und abends zurück in die Hauptstadt.