Politprominenz aus Hamburg und Berlin feiert den Einzug des “Spiegels“ ins neue Verlagshaus in der HafenCity. Peer Steinbrück überrascht mit einer launigen Rede

HafenCity. Sagen wir es mal so: Es hat in der Vergangenheit schon so manche "Spiegel"-Party gegeben, bei der mehr Politprominenz zu bestaunen war als gestern bei der Fete zur Einweihung des neuen Verlagshauses auf der Ericusspitze. Sieht man von Regierungssprecher Steffen Seibert ab, war kein Mitglied der Bundesregierung zugegen.

Der prominenteste Gast aus den Reihen der Union war ein korpulenter Herr mit Glatze, den nur aufmerksame Beobachter des Berliner Politzirkus kennen: Peter Altmaier, parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, muss sich sicher keine Sorgen machen, auf offener Straße angegafft zu werden.

Von der SPD war wenigstens ihr Vorsitzender Sigmar Gabriel samt Generalsekretärin Andrea Nahles erschienen. Ansonsten stolperte man über viele Ehemalige: den ehemaligen Kanzleramtsminister Horst Ehmke, den ehemaligen Bundesumweltminister Jürgen Trittin, den ehemaligen Bundesinnenminister Otto Schily, den ehemaligen Hamburger Bürgermeister Klaus von Dohnanyi oder die Gattin des ehemaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder, Doris Schröder-Köpf.

Vielleicht war es doch keine so gute Idee, die Party in die Woche zu legen, in welcher der Bundestag über den Haushalt debattiert. Andererseits hatte ursprünglich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) quasi als Ehrengast zugesagt. Dann sagte sie wieder ab, und der "Spiegel" musste sehen, wo er zumindest halbwegs gleichwertigen Ersatz herbekam. Fündig wurde er bei Peer Steinbrück, immerhin Bundeskanzlerkandidat in spe der SPD. Und der durfte dann auch eine lange, launige Rede halten. Er hob an mit einem Kraftausdruck, den Abendblatt-Leser normalerweise nie in ihrer Zeitung finden. Da Steinbrück aber ein Mann ist, den sich viele Deutsche - unter ihnen mit Sicherheit jede Menge Hamburger - als Kanzler vorstellen können, und weil er lediglich einen anderen Politiker zitierte, wollen wir hier eine Ausnahme machen: "Dieses Scheißblatt", begann Steinbrück und machte eine Kunstpause, um dann noch einmal loszulegen: ",Dieses Scheißblatt' hat Willy Brandt den ,Spiegel' in einer Kabinettssitzung 1974 genannt." Brandt habe sich damals darüber geärgert, dass das Nachrichtenmagazin von einer Regierungsumbildung vor der Zeit Wind bekommen hatte. Er, Steinbrück, würde so etwas natürlich nie sagen. So etwas könne man nur tun, "wenn man Kanzler gewesen ist". Zudem sei seine Wortwahl eine andere, sagte er und grinste breit.

Was folgte, war eine Lobrede auf den Gastgeber, dessen Titelbilder er seit 1963 ausschneide und sammle. Und natürlich betonte Steinbrück, wie wichtig der "Spiegel" für die politische Klasse sei, die jeden Montag die aktuelle Ausgabe verschlinge. Das Schlimmste, was einem Politiker geschehen könne, sei, über einen längeren Zeitraum nicht im Blatt stattzufinden.

Zuvor hatte bereits Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) den "Spiegel" in den höchsten Tönen gelobt - insbesondere dessen Klugheit, in Hamburg geblieben und nicht nach Berlin gezogen zu sein. Ansonsten fand sich in den Politikerreden nicht so viel Überraschendes. Steinbrück immerhin beklagte, dass sich die deutschen Medien viel zu wenig mit der Einschränkung der Pressefreiheit in Ungarn auseinandersetzten.

"Spiegel"-Chefredakteur Georg Mascolo, der auch eine Rede hielt, sprach lange über "Spiegel"-Gründer Rudolf Augstein. Er erinnerte aber auch an die Mitarbeiter von Spiegel TV, die wegen der Einstellung des von ihnen produzierten Magazins von Johannes B. Kerner ihren Job verlieren: "Mir tut es um jeden leid, der gehen muss." Bleibt nur noch die Frage, warum denn nun tatsächlich in der für Bundespolitiker ungünstigen Haushaltswoche gefeiert werden musste. Das Gerücht, die Kanzlerin habe ursprünglich auf diesen Termin bestanden, ließ sich nicht erhärten. Bleibt als Erklärung nur der Satz, den "Spiegel"-Geschäftsführer Ove Saffe in seinem Grußwort sagte: "Heute vor neun Jahren starb Rudolf Augstein."