Sein Geld verdient Pantaenius-Eigner Harald Baum mit dem Versichern von Yachten. Das Segeln ist die große Leidenschaft des 71-Jährigen.

Hamburg. Wenn Harald Baum frühmorgens sein Haus in Blankenese verlässt und Ehefrau Undine einen Kuss zum Abschied auf die Wange drückt, dann will da nicht in erster Linie ein Geschäftsmann los in sein Büro. Jedenfalls nicht nur. Denn Baum, Chef des größten europäischen Yachtenversicherers Pantaenius, will erst mal zu seinem Schiff. Er ist Segler. Durch und durch. Fast könnte man sagen: von Geburt an. Deshalb trägt er über dem marineblauen Anzug mit Goldknöpfen einen lockeren Mantel, manchmal auch seinen Friesennerz. Immer dabei: die blaue abgestoßene Segeltasche. Kein lederner Aktenkoffer mit Monogramm.

Unten, am Ende der Treppen, da wartet die "Courtage", eine kleine ausgediente Barkasse. Die Elbe aufwärts geht es jeden Morgen in die HafenCity zum Firmensitz. Baum steht am Steuer. Egal, ob die Sonne scheint oder der Regen peitscht. Angst kenne er nicht, schließlich ist der Kunstinteressierte regelrecht auf der Elbe aufgewachsen. "Seit meinem dritten Lebensjahr bin ich an Bord", sagt Baum in seinem Büro am Großen Grasbrook sitzend, mit Blick aufs Wasser und seine "Courtage". Ab 1943 also. "Damals auf der 'Alibi', einem Kielschwärter. Mein Vater Erich war im Krieg im Schwarzmarktgeschäft, er handelte vor allem mit Feuersteinen auf der Elbe", erinnert sich Baum, lacht laut und erzählt von Orten in der Elbe wie Dwarsloch, Brammers Bank, Pagensand. Nur eine von zahlreichen Anekdoten, die der Hamburger gestenreich zum Besten gibt. Und davon, wie Zöllner sie auf der Elbe verfolgten, die Mutter eine Beinverletzung vorspielte und mit verbundenem Bein im Schiffsinnern lag, damit niemand auf die Idee käme, unter ihrem Rücken nach dem Schmuggelgut zu suchen.

Oder davon, wie sie vom Glückstädter Binnenhafen aus die Luftangriffe auf Hamburg gesehen hatten, dreimal wurde ihre Wohnung ausgebombt, mal wohnten sie in Hammerbrook, dann in Rahlstedt. Und immer wenn sie kein Dach mehr über dem Kopf hatten, gab es ja noch das Segelschiff, das Schutz und Zuflucht bot. Baum schildert seine Kindheit, beschwört Bilder eines Abenteuerspielplatzes, den die Eltern für ihren Jungen geschaffen hatten. Trotz oder gerade wegen des Krieges. "Mein Vater sagte immer: 'Lasst uns den Krieg genießen, der Frieden wird schrecklich.'" Baum johlt, lässt seine Handflächen auf den Tisch sausen. "Aber wirklich, uns ging es gut. Wir waren die Könige, tauschten Feuersteine gegen Schinken und Milch."

Ab 1947 mussten er und Bruder Hans-Peter dann in die Schule, Harald Baum besuchte die Mittelschule Hauberstraße, "im finstersten Altona". Mit seinen Freunden rannte er durch die Gassen, erkundete die Gegend, lernte Mädchen kennen. "Wir waren ziemliche Briten", so Baum, "aber einer von uns war schon Fechtmeister, da konnte uns Lausbuben nichts passieren. Das war ein bewegtes, schönes Leben."

Bis 1952 lebte die Familie in der Nachkriegszeit auf ihrem Boot in Teufelsbrück. "Klar, da haben wir geschlafen, es musste ja bewacht werden." Eine Wohnung in Rahlstedt kam später dazu. Und es kam auch für Harald Baum das ernste, andere Leben, jenseits des Wassers. Nach einer Lehre als Schifffahrtskaufmann in einer Linienreederei ließ er sich zum Versicherungskaufmann in der Assekuranzabteilung der Hamburger-Südamerikanischen Dampfschifffahrtsgesellschaft (Hamburg-Süd) weiterbilden, hatte Stationen in London und der Schweiz. "Aber das in Bern, das war ein Sanatoriumsjob. Jeden Mittag pünktlich Mittag essen und so."

Baum geht zurück nach Hamburg, 1963 heuert er bei dem Versicherungsmakler Pantaenius an, sieben Jahre später ist das Unternehmen seines. Der junge Unternehmer spezialisiert sich auf Yachten, Boote, Segelschiffe. "Wir versichern weltweit alles, was zur Lustfahrt geeignet ist und schwimmt", wie Baum es mit einer ausholenden Armbewegung ausdrückt. Mit dieser Marktlücke macht er sein Vermögen.

Darauf ist er stolz, berichtet von 65 000 versicherten Yachten, von seinen Zweigstellen in Wien, München, Großbritannien, New York und Schweden. Doch die Segelleidenschaft, sie charakterisiert den Geschäftsmann stärker. Sein Büro schmücken Pokale für unzählige gewonnene Regatten mit seiner Yacht "Elan", Segelbilder hängen an den Wänden, eine Vitrine ist vollgestopft mit Segelbüchern. "Ohne Segeln ist mein Leben nicht in Ordnung", sagt Baum, der auch seine Ehefrau Undine, Tochter Anna und die Söhne Martin und Daniel, die beide mittlerweile Teil der Firma sind, infizierte. "Wenn unsere Familie wirklich Familie geworden ist, dann auf dem Wasser. Mit Undine habe ich eine richtige Gefahrengemeinschaft, wir sind zusammen durch Wind und Wetter gesegelt. Das schweißt zusammen." Baum lacht wieder. Er ist ein fröhlicher Mann. Glücklich mit seinem Leben an Land, beseelt auf dem Wasser.