Isabella Vértes-Schütter ist Medizinerin und Intendantin des Ernst-Deutsch-Theaters, das 60 Jahre alt wird. Ihr Herz schlug immer für's Theater.

St. Georg. Wenn am 13. Oktober das Ernst-Deutsch-Theater 60 Jahre alt wird, dann ist das für die Intendantin Isabella Vértes-Schütter wieder ein Meilenstein. Wieder eine von diesen Markierungen, die ihr Leben durchziehen und charakterisieren. Die 49-Jährige steht seit dem überraschenden Krebstod ihres Ehemanns 1995, dem berühmten Schauspieler und Theatermitbegründer Friedrich Schütter, an der Spitze des Hauses.

16 Jahre sind das nun, mit anderthalb Jahren Unterbrechung. In dieser Zeit sprang Schauspielkollege Volker Lechtenbrink ein. "Für mich war es ein starkes Vermächtnis von Friedrich, das Theater in seinem Sinne weiterzuführen, ich brauchte diese Zeit, um zu reflektieren", sagt die schlanke Künstlerin mit den pechschwarzen Haaren, "doch dann merkte ich früher als gedacht, dass ich das Ernst-Deutsch-Theater vermisste. Als ich zurückkam, fühlte ich mich wie neu vereidigt." Isabella Vértes-Schütter lacht befreit, wenn sie an diese Zeit denkt. Und durchbricht damit den Schleier der Traurigkeit, den sie durch den Verlust ihrer Mutter, der Sopranistin und Hamburger Kammersängerin Helga Pilarczyk, die erst vor kurzem verstarb, auf ihrem Gesicht trägt. Die letzten Sonnenstrahlen genießt sie, beim Gespräch auf dem Holzsteg der Segelschule Prüsse am Alsterufer. Elbe und Alster sind Teile ihrer Kindheit, die sie bei ihrer Mutter verbrachte. "Ich bin ein richtiges Theaterkind, meine intensivsten Kindheitserinnerungen sind die, bei denen ich meine Mutter zu Auftritten hier in der Staatsoper oder zu Gastspielen in der ganzen Welt begleitete", sagt Vértes-Schütter, die selbst Mutter von zwei Söhnen und einer Tochter ist. Für sie habe es immer den Drang zur Bühne gegeben, "eine schwere Krankheit in meiner Jugend hat mir den Weg dann zunächst versperrt".

Denn ihr Weg führte sie erst einmal in die Medizin: Vértes-Schütter studierte an der Universität Hamburg und promovierte im Bereich der Kinder- und Jugendpsychologie.

Doch ihr Herz schlug immer noch laut und beständig für das Theaterleben. "Kurz vor dem Ende meines Studiums klopfte ich bei meiner früheren Schauspiellehrerin Anne Marks-Rocke an, ich wollte bei ihr lernen. Doch sie riet mir, erst das eine abzuschließen, bevor ich mich in etwas Neues stürze." Die Studentin befolgte den Rat, stand aber sofort nach bestandener Doktorarbeit und Approbation wieder vor Rogges Wohnung an der Eppendorfer Landstraße 269. Hier und an der Hochschule lernte sie, ließ sich in Fächern wie Rollenstudium, Fechten, klassischer Gesang und Chanson ausbilden. "Das erste Mal stand ich dann endlich mit 27 Jahren auf der Bühne des Ernst-Deutsch-Theaters, es war 'Der leere Stuhl' von Peter Ustinov, erzählt wurde die Französische Revolution aus Sicht dreier Putzfrauen", so Vértes-Schütter. "Ich spielte eine Hochschwangere, und kurz darauf war ich selbst schwanger." Sie lächelt, nimmt einen Schluck ihres Cappuccino. Friedrich Schütter und die 41 Jahre jüngere Isabella Vértes verliebten sich, Hochzeit im Dezember 1990, Sohn Daniel wurde geboren.

Als ihr Ehemann starb, setzte sie all ihre Kraft für das Theater ein, war Leiterin des Festivals der Frauen, spielte selbst, war Mitbegründerin des Kinderhospizes Sternenbrücke. Später, 2004, wurde sie Mitglied im 'Kompetenzteam' des SPD-Spitzenkandidaten Thomas Mirow für die Bürgerschaftswahl. Wäre die Wahl gewonnen worden, so hätte Vértes-Schütter den Posten der Kultursenatorin eingenommen. Dazu kam es nicht, doch es sollte etwas später klappen mit dem politischen Engagement: Überraschend wurde sie jüngst mit Listenplatz 60 SPD-Abgeordnete. "In meinem Leben sind immer wieder Sachen auf mich zugekommen, die ich nicht geplant hatte, aber es hat sich dann immer so gefügt, dass sich ganz wichtige Meilensteine ergeben haben", sagt sie.

Nicht nur ein zeitlicher Vorteil, dass sie vor wenigen Tagen mit Sohn Mischa und Tochter Jenny von Boberg nach Winterhude gezogen ist. "Ich genieße das Gefühl, dass ich zum Theater und zum Rathaus einfach mit dem Bus oder dem Rad fahren kann", sagt sie. Und man kann sich diese kraftvolle Frau vorstellen, wie sie zur Arbeit radelt, sicher mit den hohen Hacken in die Pedale eingehakt. "Das sind meine Sicherheitsschuhe", sagt sie und lacht.

Sie freue sich sehr auf den Festakt am 13. Oktober, ein Tag, der zum Rückblick einlädt. "Friedrich fände es gut, was ich und wir am Theater machen", ist sie sicher, "er ist eine rundum positive Figur in meinem Leben, den ich gern noch länger an meiner Seite gehabt hätte. Er war eine starke Persönlichkeit, die mir viel Kraft gegeben hat", so Vértes-Schütter. "Beides spüre ich heute positiv hinter mir." Ob im Theater, zu Hause oder in der Bürgerschaft. Aber immer auf hohen Schuhen.