In den 90ern war Kathrin Lehmann die bekannteste Stimme des Privatsenders. Heute arbeitet sie als Medientrainerin für Manager.

Bahrenfeld. "Ach, DIE Kathrin Lehmann! Die von Radio Hamburg?" Ja, genau. Diese Kathrin Lehmann. Lässt man ihren Namen fallen, scheinen diese beiden kurzen Sätze in Hamburg die einzig mögliche Reaktion auf die unverhoffte Information zu sein. Gefolgt von: "Aber Radio macht sie nicht mehr, oder?"

Jedenfalls nicht in der Form, in welcher sich die heute 48-Jährige im Ohr ihrer Hörer einnistete. Elf Jahre moderierte Lehmann, von 1987 bis 1998, beim Privatradiosender Radio Hamburg. Hier, so sagt sie oft, habe sie ihr berufliches Elternhaus gehabt, unglaublich viel gelernt und die Liebe zur Moderation entdeckt. "Ich habe als Praktikantin angefangen und dann ein Volontariat gemacht", sagt die Geschäftsfrau mit den glänzenden braunen Haaren, "dann kamen die sogenannten ,Nachtflüge', einige Sendungen zum Ausprobieren nach Einbruch der Dunkelheit." Sie lacht, dann spricht sie weiter. Mit einer Stimme, der man gern aufmerksam zuhört.

Zur besten Sendezeit präsentierte Lehmann jeden Tag in "Hamburg Live" Nachrichten und Geschichten aus der Stadt, für viele Hamburger Bestandteil ihres Tagesablaufs. Doch Lehmann brauchte eine Veränderung. "So schön die Zeit bei Radio Hamburg auch war, aber nach elf Jahren am Speersort spürte ich Hummeln im Hintern und wollte etwas Neues ausprobieren. Das TV-Geschäft kannte ich durch meine Moderation bei RTL Nord schon. Da war es naheliegend, den Schwerpunkt komplett aufs Fernsehen zu verlegen. So bin ich dann bei Sat.1 neu durchgestartet", sagt sie und berührt ihre Tasse. Purer schwarzer Kaffee. "Den mag ich am liebsten, echten Filterkaffee. Hat doch so was Gemütliches, nicht?", fragt sie.

Auch wenn ihr Leben von beruflichen Veränderungen gespickt ist, braucht sie Konstanten. So kam es für sie nie infrage, Hamburg zu verlassen. "Mich kriegt man hier nicht weg, nicht für alles Geld der Welt", sagt Lehmann und lehnt sich auf einer Couch im 25-Hours-Hotel in Bahrenfeld leicht zurück. "Sowieso bin ich ein richtiger Traditionsmensch. Selbst in meinen Lieblingsrestaurants lasse ich mir zwar die Speisekarte geben, bestelle am Ende dann aber doch häufig das Gleiche."

Hamburg, das sei eben ihr Zuhause. "Ich lebe mit meinem Mann und unserem Golden Retriever Chilli im Alstertal. Ich bin ein glücklicher Mensch, habe einen wunderbaren Familien- und Freundeskreis. Das ist nicht selbstverständlich, dafür bin ich sehr dankbar", sagt Lehmann, die mit ihrem Lebensgefährten gern Städtekurztrips unternimmt oder durch Hamburg spaziert.

Und deswegen kommen heute alle ihre Kunden zu ihr in den Norden. Mittlerweile. Denn nach Stationen als Moderatorin bei RTL Nord, Sat.1 und als Ausbilderin und Programmplanerin bei Alster Radio kündigte Lehmann 2004 und wagte den entscheidenden Schritt in die Selbstständigkeit.

Sie wurde Medientrainerin, ihre Kunden heute sind die Bosse, Geschäftsführer, Abteilungsleiter, Unternehmenschefs großer Firmen wie die Volkswagen AG, Haspa, Bijou Brigitte oder die Deutsche BKK. Im ersten Jahr sei sie viel gereist, habe die Unternehmen besucht und dort ihre Seminare abgehalten. Dazu gehören Interviewtraining, Krisenkommunikation, Wirkung vor der Kamera und Vorbereitung auf öffentliche Auftritte. Heute kommen ihre Kunden aus ganz Deutschland, der Schweiz und Österreich an die Alster, zur Schulung bittet die Trainerin die Vorstände bevorzugt in schöne Designhotels oder ins Studio Hamburg. Immer dabei sind ein Technikteam und ein Kameramann. "Zum Glück habe ich keine Obrigkeitsängste, denn ich muss die Menschen aus ihrer Komfortzone herauslocken, sie wagen sich auf unbekanntes Terrain, müssen mir vertrauen, sich öffnen und auch Kritik einstecken können."

Ihr Lieblingsbeispiel für jemanden, der eine tolle Präsenz in der Öffentlichkeit habe, ist René Obermann, Vorstandsvorsitzender Deutsche Telekom AG, negativ hingegen beurteilt sie die öffentliche Kommunikation von Ex-HSH-Chef Dirk Jens Nonnenmacher: "Seine Auftritte in Krisensituationen empfand ich als sehr abweisend."

Und übrigens, auch bei Hamburgs Erstem Bürgermeister Olaf Scholz sieht Lehmann Verbesserungspotenzial. "Seine Aussagen sollen Nähe herstellen, aber die zum Teil distanzierte Körpersprache spiegelt dies nicht immer wider, deshalb wirkt er unnahbar", sagt Lehmann. "Würden seine Worte, Mimik und Gestik harmonischer sein, würde er deutlich mehr Wärme ausstrahlen."

Kathrin Lehmann hat ihren schwarzen Filterkaffee ausgetrunken, winkt zum Abschied und verrät, kurz bevor sie in ihr Auto steigt: "Mein Herz wird immer fürs Radio schlagen und speziell für meine ,alte Heimat' Radio Hamburg. Ich singe bei den Songs aber nur mit, wenn mich garantiert niemand dabei hört oder sieht." Zum Beispiel beim Autofahren.