Volkmar Wywiol investiert in Ideen: ein Mehlsackmuseum, ein Kinderbuch - und einen Bullen. Eigentlich wäre er gern Künstler geworden.

Hamburg. Vielleicht ist der Name Volkmar Wywiol dem ein oder anderen unbekannt - seine Produkte sind es nicht, denn die hatten die meisten schon auf dem Tisch. Die Firma des 75-Jährigen, die Stern-Wywiol-Gruppe, produziert Lebensmittelzusatzstoffe. Wenn zum Beispiel die Aufbackbrötchen schön kross aus dem Ofen kommen, ist das oft genug das Verdienst von Wywiols Produkten.

Als Gestalter bezeichnet sich der Unternehmer selbst. Eigentlich wäre er deshalb gern Künstler geworden, aber sein Vater verbot ihm den unsicheren Beruf. Also lernte er nach dem Abitur "was Vernünftiges" und wurde Außenhandelskaufmann. In seinem Ausbildungsbetrieb arbeitete sich der Vater von drei erwachsenen Kindern vom Lehrling zum Geschäftsführer hoch. Mit 44 Jahren, "ziemlich spät", wie er sagt, machte er sich selbstständig. Er kaufte eine kleine Firma und machte aus einem Einmannbetrieb ein internationales Unternehmen mit 700 Mitarbeitern. Zu Hause ist er im Sachsenwald, seine Firma hingegen liegt im Herzen der Stadt an der Alster. Und auch das Herz von Wywiol schlägt für die Stadt, in der der gebürtige Brandenburger seit über 60 Jahren lebt.

Wenn er sich über etwas ärgert, will er es ändern: Weil er den geraden Feuerwehrstrahl der Alsterfontäne langweilig findet, versuchte er, Sponsoren für einen Umbau zu begeistern - bislang ohne Erfolg. Weil er sich über Graffiti-Schmierereien auf der Max-Bill-Skulptur an der Alster ärgerte, ließ er sie aus eigener Tasche reinigen. Weil ihm die Kinderbücher seiner neun Enkel nicht gefielen, schrieb er selbst eins.

Kreativität, Mut und Durchhaltevermögen - das sind für Volkmar Wywiol die Voraussetzungen, um erfolgreich zu sein. An allen drei Eigenschaften mangelt es dem Unternehmer nicht, der bereits ein Mehlsackmuseum eröffnet hat. Volkmar Wywiol ist elektrisiert von dem Gedanken, die Welt ein bisschen besser zu machen. Sein neues Projekt: "Ein Bulle für Uganda". Die Stern-Wywiol-Gruppe hat dort Kinderpatenschaften und betreut durch die Stiftung "Kinder in Afrika" seit acht Jahren eine Gruppe von fünf Waisenkindern im Dorf Butiru. Ihre Hauptnahrung ist Porridge, ein Brei aus Haferflocken und Milch, die sie von den örtlichen Bauern bekommen. Das Problem: Die afrikanischen Buckelrinder geben nur etwa drei Liter Milch am Tag - zu wenig.

Anfang des Jahres kaufte die Stiftung für die Bauern zwei friesisch gekreuzte Färsen, die pro Tag je 15 Liter Milch geben. Um die nächste Generation zu sichern, fehlt bis jetzt ein Bulle, genauer: ein friesisch gekreuzter Jungbulle. Hier kommt Wywiol ins Spiel. "Diese Bescheidenheit, mit der die Leute ihr Leben meistern, finde ich bewundernswert ", sagt er. Also schickte er seine Assistentin auf den kenianischen Viehmarkt. Den gewünschten Bullen bekommt man dort inklusive Transport für rund 1000 Euro. Nächste Woche ist Liefertermin für das noch namenlose Tier.

Wywiol fördert, an was er glaubt: zum Beispiel Kunst. Gerade hat er das Erdgeschoss des alten Bürgerhauses, in dem sich seine Firma befindet, angemietet und eröffnet dort im Frühjahr eine Galerie mit Holzskulpturen. Der Geschäftsmann hat eine besondere Vorliebe für sie, denn er hat als Kind selbst Holzfiguren geschnitzt. Dass sich Kunst auch auf Gebrauchsgegenständen wie Mehlsäcken verstecken kann, fand Wywiol bei einem Strandspaziergang im Dubai-Urlaub vor zwölf Jahren heraus, als ihm ein Mehlsack von einem seiner Kunden vor die Füße gespült wurde. Er nahm den Sack mit nach Hause und hing ihn gerahmt ins Büro als Kunstwerk. Daraufhin ließ er sich von seinen Kunden mehr Mehlsäcke mit interessanten Motiven schicken. Weil der Platz an den Bürowänden irgendwann aufgebraucht war, eröffnete er 2008 ein Mehlsackmuseum in Wittenburg, "art and flour", neben einer Produktionsstätte seiner Firma. Darin hängen mittlerweile mehr als 2400 Säcke aus 117 Ländern. Eine halbe Million Euro ließ er sich die Restauration des Museumsgebäudes kosten.

Volkmar Wywiol spricht mit der Gelassenheit eines zufriedenen Geschäftsmannes. Ans Aufhören denkt er deshalb nicht, auch wenn sein 45-jähriger Sohn Torsten mittlerweile Hauptgeschäftsführer im Unternehmen ist. Beim Verabschieden erzählt er, dass er in einem Interview mal gefragt worden sei, welcher Gedanke denn auf seinem Grabstein stehen solle. Seine spontane Antwort:"Verrückte sterben nie!" Er hat schließlich noch viel zu gestalten.