Ex-Staatsrat Dirk Reimers bekommt das Ehrenkreuz der Bundeswehr in Gold. 68-Jähriger widmete sein Leben dem Dienst an der Öffentlichkeit.

Hamburg. Gewiss ist er pünktlich. Dirk Reimers thematisiert seinen Flug vom Vortag auch nicht, er war ja nur in Kanada. Müdigkeit oder Zerstreutheit lässt er nicht zu. Einladend lächelnd steht er in der Eingangshalle der Deutschen Nationalstiftung an der Feldbrunnenstraße. Der 68-Jährige zehrt aktuell von den Erlebnissen, die er als Vorsitzender des Hamburger Polizeivereins und geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutschen Nationalstiftung in Halifax machte. Und lässt sich tragen von der Erwartung: Heute wird er das Ehrenkreuz der Bundeswehr in Gold verliehen bekommen.

Doch zurück nach Kanada. Reimers durfte hier an der Seite des kanadischen Verteidigungsministers Peter MacKay die Schlussparade des größten Militärmusikspektakels der Welt, der Royal Nova Scotia International Tattoo, abnehmen. Was befremdlich klingen mag, ist für Reimers eine Ehre. Und es beschreibt das Wesen eines Mannes, der sein Leben mit aller Konsequenz dem Dienst an der Öffentlichkeit widmete.

Reimers ist kein trommelnder Macher, der unerwartet auf Tische springt und flammende Reden schwingt, sein Feuer entfacht er am liebsten leise. Wahrscheinlich ist die Wirkung weitreichender. Sein beruflicher Werdegang beweist, wie gefragt der Jurist von 1973 an in der Politikwelt war und heute als Ehrenämtler ist. Reimers war Staatsrat der Innenbehörde, arbeitete unter verschiedenen Senaten in der Finanzbehörde, der Umweltbehörde, wurde Polizeipräsident. "Meine Aufgabe bei der Polizei war die spannendste", sagt der "Idealist mit Bodenhaftung" und rückt seine Krawatte zurecht. "Die Polizei nimmt sich der Probleme an, die politisch noch gar nicht erkannt werden." Beispielsweise wenn es um Drogen oder Zuwanderung geht, seien es immer die Polizisten, die sich als Erste mit den daraus entstehenden Konflikten auseinandersetzen müssten. Er ballt die Fäuste, unterstreicht mit kraftvollen Handbewegungen seine Aussagen.

Reimers musste Niederlagen einstecken und fand dadurch zu neuen Herausforderungen. Der größte Einschnitt seiner Karriere war der sogenannte Polizeiskandal im September 1994 und der damit verbundene Rücktritt des damaligen Innensenators Werner Hackmann. Als Auslöser galten Übergriffe zweier alkoholisierter Polizisten in ihrer Freizeit auf den Schwarzafrikaner Dialle D. Reimers, zu diesem Zeitpunkt Innenstaatsrat, suspendierte den gesamten Polizeizug, da noch keine Erkenntnisse über die genaue Tat vorlagen. Er selbst wurde von Bürgermeister Henning Voscherau in die Finanzbehörde versetzt.

"Diese Zeit bedeutet für mich eine existenzielle Erschütterung, doch in der Finanzbehörde lernte ich Ortwin Runde, den späteren Bürgermeister, kennen, mit dem ich mich sehr gut verstand", so Reimers. "Viel besser, als mancher angenommen hätte."

Aufgewachsen in Neumünster mit der Mutter, sein Vater war im Krieg gefallen, er hat ihn nie kennenlernen können, wächst Reimers heran.

Er wird - irgendwie im Nachhinein logisch - Schulsprecher. Und verbringt als 16-jähriger Schüler Zeit bei einer Gastfamilie in England. Dabei entstehen zukunftsweisende Gespräche. "Das habe ich sehr genossen, der Gastvater war politisch sehr interessiert, und durch unsere Debatten habe ich erkannt, dass man über sein Heimatland Bescheid wissen muss", so Reimers. "Das war prägend."

Er macht Karriere in Hamburg, eigentlich kam nie eine andere Stadt infrage. Mit seiner Frau Martha wohnt er heute in Prisdorf bei Pinneberg, sie haben die 36-jährige Tochter Eltje und den 34 Jahre alten Sohn Jan Hinnerk. Auch diese drei Menschen haben gespürt, wie ernst und vor allem intensiv Dirk Reimers seinen Beruf, vielmehr seine Berufung, nahm. "Einmal hat mein Sohn zu mir gesagt: 'Drachensteigen, das haben wir nie gemacht.' Das war schon bitter, denn es stimmt ja", sagt Reimers ruhig. "Aber man kann nichts zurückdrehen." Er hätte schon gern mehr Zeit mit seiner Familie gehabt.

2001 ist Reimers als Innenstaatsrat ausgeschieden - als Ronald Schill Senator wurde. Heute begleitet ihn seine Frau öfter zu Veranstaltungen, auch ins Ausland, wo er viele freundschaftliche Kontakte über die Arbeit hinaus geknüpft hat. Auch als vermeintlicher Ruheständler ist Reimers seit 2001 vier Tage pro Woche unterwegs, erst als Präsident des Landesverbandes des Roten Kreuzes, heute vor allem für die Nationalstiftung. Er hat eben kein Ende, der Dienst an der Öffentlichkeit. Jedenfalls nicht, wenn man ihn so überzeugt lebt.