1976 lud die Holsten-Brauerei erstmals Entscheider aus Wirtschaft, Politik und Medien ein - und schuf eine Institution

Hamburg. Die schlicht in Schwarz-Weiß gehaltenen Einladungen sind begehrt. Sie werden viermal im Jahr versandt, gelten nur für den Adressaten persönlich. Die Rede ist vom Holsten-Kellerparlament, einer der traditionsreichsten gesellschaftlichen Veranstaltungen der Hansestadt.

Das tagt auf Einladung der gleichnamigen Brauerei nunmehr seit 35 Jahren. Das Jubiläum wird heute in der Krypta des Michel begangen. Wie immer sind rund 200 Gäste aus Wirtschaft, Politik und Medien eingeladen.

Die Zahl der namhaften (Stamm-)Gäste ist lang. Weihbischof Hans-Jochen Jaschke gehört dazu: "Ich treffe hier liebenswerte Menschen zu interessanten Gesprächen. Da schmeckt das Bier dann gleich doppelt gut." Auch Bürgermeister Christoph Ahlhaus war schon häufiger da: "Ich habe mich dort immer sehr wohlgefühlt, denn die Geselligkeit und gute Stimmung auf dieser sympathischen Veranstaltung sind zu Recht legendär." Was macht für Hochbahn-Chef Günter Elste den Reiz aus? "Das Kellerparlament ist eine Hamburger Institution. Hier treffen sich Entscheider aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen und man kann sich in ungezwungener Atmosphäre austauschen."

Dass die Veranstaltung so beliebt ist, liegt wohl auch an dem immer gleichen Konzept: Stehtische, herzhafte Speisen und ein frisch gezapftes Bier - das regt die Gespräche an. Die "Parlamentarier" treffen sich immer an unterschiedlichen Orten. Das Repertoire reicht vom Le Canard an der Elbchaussee über das Miniatur Wunderland und den Anglo-German Club an der Alster bis hin zum Herzblut auf der Reeperbahn. Auch ein gemeinsamer Ausflug mit den Gästen in das Brauereimuseum in Lüneburg stand schon auf dem Programm.

Die Hoheit über die Gästeliste haben Pressesprecher Udo Dewies und Kommunikationsmanagerin Claudia Zügler-Hingst: "Wir laden immer wieder den gleichen Kreis ein. Natürlich kommen auch neue interessante Gäste auf die Liste", sagt Zügler-Hingst. Aber eines ist ihr wichtig: "Wir wollen den Unternehmensvorstand und nicht seine Assistentin." Deshalb gilt auch: Wer seine Position verliert, in Rente geht und dann nicht mit einem honorigen Ehrenamt bestechen kann - der gehört nicht mehr zu dem erlauchten Kreis.

Einer, der sie alle kennt, ist Udo Franke, auch "Mister Kellerparlament" genannt. Der ehemalige Pressesprecher des Unternehmens war seit 1988 für die Veranstaltung verantwortlich und hat sie groß gemacht. Damals tagte noch eine kleinere Herrenrunde regelmäßig im Ratsweinkeller. Legendär ist, dass viele Bürgerschaftsabgeordnete, anstatt der Sitzung im Parlament beizuwohnen, lieber auf ein Pils in den Ratsweinkeller unter dem Rathaus herabstiegen. Nach der "Übernahme" durch Franke kehrte "frischer Wind" in das Holsten-Kellerparlament ein. Die Herren waren nicht mehr unter sich, nun wurden auch Frauen eingeladen. Franke war es auch, der einführte, dass die Schauplätze für die fröhliche Pils-Runde wechseln.

Seit 2007 ist Udo Franke im Ruhestand, aber immer noch ein gern gesehener Gast. Sein Fazit ist eindeutig: "Mit den Hamburgern kann man gut feiern."