Hamburgs umtriebigster Sternekoch Michael Wollenberg missioniert weiter - diesmal im Norden der Stadt, in einer alten Munitionsfabrik.

Langenhorn. Manchmal ist auch das richtige Leben eine Baustelle. Und für Michael Wollenberg, einen der erklärten Lieblinge der Hamburger Gesellschaft, ist es das eigentlich immer.

Zwischen Bärenjagd auf der russischen Halbinsel Kamtschatka, Schwertfischangeln in der Karibik, der Vorbereitung einer Klage wegen Insolvenzverschleppung ("Über dieses leidige Thema 'Insel' können wir dann reden, wenn es soweit ist!") und dem gut besuchten Mittagstisch im "Wattkorn" an der Tangstedter Landstraße, seit fünf Jahren sein Stammhaus, treibt es ihn und seinen Partner Harald Paulus zurzeit im Zwei-Stunden-Takt an den äußersten nördlichen Rand der Stadt.

Ziel ist eine alte Munitionsfabrik aus dem Zweiten Weltkrieg, gebaut wie ein Lazarett ("Deshalb ist hier keine Bombe draufgefallen!"), und die heute "Valvo-Park" heißt, eine Menge innovativer Hamburger Firmen beherbergt und in gut zwei Wochen ein neues Restaurant.

Aber nur, wenn alles klappt. Denn noch ist der neue Fischtempel in der kulinarischen Langenhorner Diaspora nur zu erahnen. Immerhin, die Küche ist schon zur Hälfte eingerichtet, aber das Zentrum, das wahre Reich von Küchenchef Harald Paulus, die Kochstelle nämlich, existiert bisher nur auf einem großen Plan an der Wand.

Im "Marlin" riecht es noch nicht nach Seewasser, nach Gemüsejulienne und Gewürzen, nach Fischen, Krusten- und Schalentieren, sondern bloß nach Sägemehl, Heißkleber und Spachtelmasse. Wollenberg aber hat eine Vision, und von der kann er lang erzählen. Einem Dirigenten gleich, mit gestikulierenden Armen, hetzt "Michi", wie ihn eigentlich jeder nennen muss und soll, durch seine neueste Baustelle, die am Ende etwa 400 000 Euro verschlungen haben wird. Dafür werden dann aber auch drei gigantische, präparierte Schwertfische von der Decke des rotgeklinkerten Flachbaus hängen, während die geplante Sushibar von einem großen Tintenfisch beaufsichtigt wird.

Tierpräparate hin oder her, optisch ist das aber noch längst nicht alles. "Hier", und nun gerät Wollenberg geradezu ins Schwärmen, "kommt noch ein Flachbildschirm hin. Habe ich gerade günstig geschossen - beim Saturn!" Er steht in einer Art Separée und malt die Umrisse des Schirms mit den Händen an die Wand: "Super, wenn du mal mit deinen Geschäftsfreunden in Ruhe was besprechen willst." Auf den Bildschirmen sollen die maximal 120 Gäste die Schönheiten des Meeres, seiner Flora und Fauna, in Bewegtbildern genießen können.

Immer im Galopp: Noch steht kein Stuhl, kein Tisch und ist die "amerikanische Innenarchitektur im Ralph Lauren-Stil" nur zu erahnen, da überlegt Wollenberg bereits, wie er im Sommer die Terrasse gestalten will: "Wahrscheinlich machen wir es in Holz."

Als erfahrene Gastronomen wissen Wollenberg und sein Partner Harald, der schon im Landhaus Scherrer und oben auf Sylt bei Jörg Müller in der Küche gekocht hat, natürlich genau, dass ein solch aufwendiger "zweiter Laden" durchaus Gefahren in sich birgt. Vor allem für den ersten, das "Wattkorn".

Aber letztendlich haben sie sich nach etwa 60 Besichtigungen für dieses Objekt und vor allem ein recht gastfreundliches Konzept entschieden: Die ansässigen Firmen bekommen an sieben Tagen in der Woche eine Kantine, in der ein Mittagstisch mindestens fünf, aber höchstens acht Euro kosten wird. Und wenn die Speisenkarte dann ab 15 Uhr wechselt, wird es trotzdem noch viele Fischgerichte "unter zehn Euro geben", verspricht der Chef. Da muss es dann ja nur noch schmecken.