Der ehemalige sowjetische Präsident erhielt den Preis für Verständigung und Versöhnung. Gorbatschow kam mit Tochter Irina in die Hansestadt.

St. Georg. Der alte Herr mit dem unverwechselbaren Mal auf der Stirn zeigte sich tief berührt, als sich die 1100 Zuhörer von ihren Sitzen erhoben, um minutenlang zu applaudieren. "Sie bringen mir wunderbare Emotionen entgegen. Sie lassen mich spüren, was ich Ihnen bedeute", bedankte sich der frühere sowjetische Präsident bei den geladenen Gästen im Schauspielhaus.

Michail Gorbatschow ist gestern in Hamburg mit dem "Marion-Dönhoff-Preis für internationale Verständigung und Versöhnung" geehrt worden. Der ehemalige Außenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) überreichte seinem Weggefährten auf der Schauspielhaus-Bühne die mit 20 000 Euro dotierte Auszeichnung. "Michail Gorbatschow ist einer der Menschen, die die Welt verändert haben - zum Besseren", so Genscher in seiner Laudatio auf den Mann, der mit "Glasnost" und "Perestroika" das Ende des Kalten Krieges eingeleitet und damit den Weg für die deutsche Wiedervereinigung bereitet hatte. Als Gründer von Green Cross International setzte er sich zudem für weltweiten Frieden, humanitäre Hilfe und den Umweltschutz ein, hieß es in der Begründung der Jury, der unter anderen Altbundespräsident Richard von Weizsäcker, Altbundeskanzler Helmut Schmidt und die Journalistin und TV-Moderatorin Anne Will angehörten. Genscher hob den Mut Gorbatschows hervor: "Als er aufbrach, um altes Denken zu überwinden und neuem und besserem, menschlicheren und freiheitlicherem Denken den Weg zu bahnen, schlugen ihm Ablehnung und unversöhnlicher Hass entgegen - im eigenen Land. Im Westen traf er auf Misstrauen und Kleinmut, auf Kurzsichtigkeit und Überheblichkeit."

Michail Gorbatschow kam mit Tochter Irina in die Hansestadt. Der 79-Jährige sprach in seiner Dankesrede über die gegenwärtige politische Situation in seinem Heimatland. Russland befinde sich in einer "Übergangsphase zur Demokratie". Zuverlässigster Partner sei das vereinte Deutschland. "Die Welt steht vor Herausforderungen, die wie niemals zuvor nach gemeinsamen Handlungen verlangen" Nordamerika, Europa und Russland seien das Gebiet, auf dem in Zukunft eine transkontinentale Gemeinschaft von Völkern entstehen könne. Deutschland wünschte Gorbatschow, "keine Angst vor Problemen zu haben".

Den mit 10 000 Euro dotierten Förderpreis überreichte die ARD-Moderatorin Gabi Bauer an das Projekt Farmschule Baumgartsbrunn. Mit der Auszeichnung würdigte die Jury den Einsatz der Helmut-Bleks-Stiftung sowie der bürger:sinn:stiftung in Namibia. "In Baumgartsbrunn wird jungen afrikanischen Frauen durch die Vermittlung von Bildung langfristig geholfen. Ein herausragendes Beispiel für Hilfe zur Selbsthilfe", sagte der ehemalige "Zeit"-Herausgeber Theo Sommer.

Die Wochenzeitung "Die Zeit", die "Zeit"-Stiftung und die Marion-Dönhoff-Stiftung vergeben seit acht Jahren am ersten Adventssonntag den Marion-Dönhoff-Preis an "Menschen, die wissen, worum es geht". Der Preis soll die Erinnerung an die 2002 verstorbene "Grande Dame der deutschen Publizistik" wachhalten.