Vom Mörder zum Ermittler: Der Allround-Schauspieler debütiert zum Jubiläum der ARD-Krimiserie als TV-Kommissar

Neustadt. In der "Tatort"-Folge 552 trafen die beiden zum ersten Mal aufeinander: er als Bankier, sie als Prostituierte. Das war im Jahr 2003, Barbara Philipp spielte die Prostituierte, der Mörder kam aus der Finanzwelt. Er hieß Ulrich Tukur und gewann für diese Rolle später den Deutschen Fernsehpreis als bester TV-Schauspieler.

Am 28. November werden beide wieder im "Tatort" des Hessischen Rundfunks auftauchen. Diesmal auf der guten Seite: Tukur ist der neue Kommissar, Barbara Philipp seine Sekretärin. "Weil ich Barbara damals rettete, darf ich überhaupt mitspielen", scherzte Tukur gestern, sichtlich erschöpft von den vielen Interviews des Tages.

ARD-Programmdirektor Volker Herres hatte ins Hotel Vier Jahreszeiten zur Vorstellung des neuen Kommissars eingeladen, der in einer ganz besonderen Folge seine Premiere feiern wird: Der "Tatort" feiert Jubiläum. Die erste Folge "Taxi nach Leipzig" wurde vor 40 Jahren, am 29. November 1970, ausgestrahlt.

Ulrich Tukur, 53, kam zu diesem Anlass gerne aus Venedig zurück nach Hamburg. An die Hansestadt hat er gute Erinnerungen: Seit 1985 stand er zehn Jahre lang im Deutschen Schauspielhaus auf der Bühne. Später - bis 2003 - leitete er mit Ulrich Waller als Intendant die Kammerspiele. Im Theater hatte seine Schauspiel-Karriere einst angefangen. Dass Tukur dorthin zurückkehrt, will er nicht ausschließen. Das Schauspielhaus habe schlechte Chancen. Tukur: "Ich liebe das Schauspielhaus, aber die Hamburger Kulturpolitik ist eine Katastrophe. Das passt nicht zu mir."

Ein so erfolgreicher Schauspieler wie er kann sich aussuchen, wo und was er arbeitet: Ulrich Tukur gilt derzeit als einer der renommiertesten deutschen Darsteller seiner Generation, seine Auszeichnungen reichen vom Goldenen Bären bis zum Adolf-Grimme-Preis. Nebenbei ist er als Musiker mit seinen Rhythmus Boys mit selbst geschriebenen und gecoverten Songs unterwegs. Wenn er nicht dreht oder auf Tour ist, lebt er mit seiner zweiten Ehefrau, der Fotografin Katharina John, in Venedig. Seine Wahlheimat inspirierte ihn 2007 zu seinem ersten Buch: In "Die Seerose im Speisesaal - Venezianische Geschichten" schwärmt er von der norditalienischen Lagunenstadt.

Und Tukur wäre nicht er selbst, wenn er es bei diesem Autoren-Debüt belassen würde: Die nächste Novelle entstehe schon in seinem Kopf, verriet er dem Abendblatt gestern. Noch vor dem "Tatort" ist Tukur in gut drei Wochen schon im Kino zu sehen: Am 28. Oktober startet sein neuer Film "Der große Kater". Die Machart des neuen "Tatorts" ist ungewöhnlich: "Ich wollte ihn skurriler, aber mit einer tiefgründigen Rolle", sagt Tukur. Sein Wunsch ging in Erfüllung. Der Film zeige, so Tukur, dass es oft überraschende Wendungen im Leben geben kann. So geht es auch dem von Tukur gespielten "Tatort"-Ermittler Felix Murot, bei dem die Ärzte einen Hirntumor diagnostizieren. "Es ist wichtig, dass sich ein 'Tatort' mit diesen Themen befasst: Wo stehe ich, was passiert mit meinem Leben, wenn es eine unerwartete Wendung nimmt?" Das kennt Tukur auch aus seinem eigenen Leben: "Außer schmerzhaften Erfahrungen, die bei 53 Jahren nicht ausbleiben, passiert auch plötzlich Verrücktes - da wird mein alter Schulkamerad aus Großburgwedel - Christian Wulff - einfach Bundespräsident!"