Die Compagnie reist für ihr letztes Saison-Gastspiel nach Italien, zeigt unter anderem ein Programm mit dem Motto “The World of John Neumeier“.

Hamburg. Noch am Sonntagabend trugen sie Tutu, Haarknoten, Lederschläppchen und Spitzenschuhe, stark geschminkt lächelten die Gesichter von der Bühne der Staatsoper. Sie waren Prinzen, Meerjungfrauen, Elfen: Das Ensemble des Hamburg Balletts hatte sich mit der grandiosen Nijinsky-Gala vom endlos applaudierenden Publikum in die Spielzeitpause verabschiedet.

Noch nicht ganz. Denn einen anderen Anblick bieten gestern früh um 8 Uhr die Tänzerinnen und Tänzer am Flughafen Fuhlsbüttel. Otto Bubenicek und Stephanie Minier checken gemeinsam selbst ein, Solistin Hélène Bouchet und Ehemann Yohan Stegli stehen draußen, rauchen die letzte Zigarette vor dem Abflug. Von hier aus geht es für die Truppe nach Italien, um im Rahmen zweier Festivals zu gastieren, in Spoleto und Ravenna. In Bella Italia zeigt die Compagnie Neumeiers unter anderem ein Programm mit dem Motto "The World of John Neumeier". Es besteht aus einer persönlichen Auswahl von Szenen aus seinen Balletten, darunter "Die Kameliendame", "Nijinsky", und "Orpheus".

+++ Tanzende Träumer, traumhafte Tänzer +++

Doch zurück zu Terminal 2. Hier stehen sie, außergewöhnlich schlanke Männer und Frauen, die Fußspitzen nach außen gerichtet, die Haltung erhaben. Schultern runter, Bauch rein. Einige der Tänzerinnen tragen hohe Schuhe mit Keilabsatz, die meisten haben sich für den Lufthansa-Flug für bequeme Ballerinas oder flache Sandalen entschieden. Bühnenreif. Die Haare lässig zum Zopf gebunden oder offen, die Tänzer tragen Turnschuhe und kurze Hosen. Das Herz der Compagnie, Ballettdirektor John Neumeier, steht etwas abseits, die Augen hinter einer schwarzen Sonnenbrille verborgen, um den Hals mehrere goldene Halsketten.

Der Chef im hellen Sommeranzug hat bereits eingecheckt. Noch aufgeregt vor einem Gastspiel? "Es ist immer aufregend, denn jede Bühne, jeder Trainingssaal ist anders", so Neumeier, "Ballett hat viel mit Raum und Dimensionen zu tun, es macht immer einen Unterschied, wo wir auftreten." Spoleto ist gerade für ihn eine besondere Stätte, hierhin führte ihn seine allererste Tournee als Tänzer des Stuttgarter Balletts. Vor unglaublichen 46 Jahren. Insgesamt sind Flüge für 94 Personen gebucht, Tänzer, Techniker, Kostüm- und Bühnenbildner, Beleuchter.

In fünf verschiedenen Hotels sind die Solisten und Gruppentänzer untergebracht, eine logistische Meisterleistung, da alle nah an der Spielstätte wohnen sollen, wie Ballettbetriebsdirektorin Ulrike Schmidt weiß.

Neben der Vorfreude auf die Wochen in Italien gibt es allerdings auch ein bisschen Trauer: Tomoko Oishi, Mutter der Tänzerin Yuka Oishi, musste nach zwei Wochen bei ihrer Tochter wieder nach Hause, nach Osaka, fliegen: "Ich habe jede Vorstellung hier gesehen und genossen." Und das werden die italienischen Ballettfreunde sicher auch.