Das Bühnenpaar Emmi & Willnowsky bewegt sich sprachlich ausschließlich unter der Gürtellinie. Ein sensationelles Konzept.

Dass der Weg unter die Gürtellinie nicht weit ist, wird dem Publikum auf Anhieb klar. "Sind Sie verheiratet - oder leben Sie à la carte?" will der im Vergleich schmalbrüstige Mann im schwarzen Glanzanzug von seiner pfundigen Begleiterin wissen. Sein rhythmisches Lendenzucken macht klar, was er meint. "Ich bin verheiratet, aber mache keinen Gebrauch davon", entgegnet die Wuchtbrumme an seiner Seite. Begründung: "Man will ja auch nicht für ein kleines Stückchen Wurst gleich das ganze Schwein kaufen." Der Bann, falls es ihn überhaupt gab, ist gebrochen.

Am kommenden Montag ist es wieder so weit: Emmi & Willnowsky, wahrscheinlich das schrillste Comedy-Duo im Lande, hält in Hamburg Hof. Bis auf Restplätze ist das Schmidt-Theater ausverkauft - so wie immer, wenn das ungleiche Paar ein Heimspiel an vertrauter Wirkungsstätte zum gnadenlosen Blödeln nutzt: "Forever Alive - 100 Jahre gute Laune." Die Stammkundschaft weiß: Klassische Kalauer, garstige Gags und schlüpfrige Lieder werden im Stakkato serviert. Stubenrein? Quatsch!

"Herr Willnowsky ist das beste Beispiel dafür, dass Evolution rückwärts laufen kann", befindet Emmi über ihren Kompagnon, den sie auch als "Bussibär vom Baikalsee" oder "russisches Taigafrettchen" bezeichnet. Er kontert gleichfalls wenig galant. Mit stoischem Stolz teile Emmi das Schicksal von Kolleginnen mit homoerotisch veranlagten Männern: "Judy Garland, Zaza Gabor und Daisy, der Hund." Wer Zoten schätzt, ist begeistert.

Getreu dem seit 13 Jahren bewährten Strickmuster: Beide lernten sich vor einem Müllschlucker in Bramfeld kennen. Die heruntergekommene Kammersängerin Emmi erkannte das musikalische Talent des Exilrussen und versprach, ihm durch Heirat eine Aufenthaltsgenehmigung sowie lebenslange Maloche als ihr persönlicher Pianist. Die Konsequenz, beinharte Anmache mit Charme und Witz, hat das Publikum zu ertragen.

Dass es diese Art der Unterhaltung lustvoll goutiert, dokumentieren die Fakten. Im vergangenen Jahr absolvierten E & W 275 Abendauftritte - von Flensburg bis Füssen, als Solisten, aber auch in gemischten Programmen. Darbietungen in Wien oder Zürich, eine Karibiktour auf der Aida und (entschärfte) Nummern im Fernsehen kommen hinzu. Comedy-Pionier Thomas Herrmanns hatte einen exzellenten Riecher, als er die wahnsinnige Show Mitte der Neunziger entdeckte. Gaga hatte Zukunft.

"Es war kein gerader Weg, Komiker zu werden", formuliert es Valentin Willnowsky ungewohnt dezent. Weil in Wahrheit, welch Wunder, alles ganz anders ist:

Herr Willnowsky heißt im wirklichen Leben Christian Willner, wurde 1967 in Westfalen geboren und war schon in der Schule Alleinunterhalter. Einer Ausbildung zum Kirchenmusiker folgte ein Einsatz als Zweiter Bass im Chor der Bundesmarine. Später wirkte der Mann auch als Kartenabreißer und Barkeeper. Das stählt fürs Bühnendasein.

Und auch Emmi, ganz bitter für viele Verehrer, ist in Wahrheit ein Mann - selbst wenn blonde Perücke, Perlenkette, dekolletiertes Kleid und Stützstrümpfe zu anderen Fantasien animieren. Christoph Dompke, zwei Jahre vor Willner in Bremen zur Welt gekommen, arbeitete nach der Realschule in Bibliotheken, als Kellner und zwischendurch als Mädchen für alles in der Chirurgie der Uniklinik in Eppendorf. Später absolvierte er das Abendabitur und promovierte just zum Doktor im Fach Musikwissenschaft. Wenn das die Zuschauer wüssten ...

Zum Bühnenpaar wurden beide durch Zufall - bei der traditionellen Treppenhausmusik im Musikwissenschaftlichen Institut der Uni Hamburg. Er lebte 16 Jahre in Hamburg, "sie" 19 Jahre. Heute wohnt jeder für sich in Berlin. Von so viel Entfernung jedoch wollen die Freaks nichts wissen. Für sie sind Emmi & Willnowsky ein Paar. Basta! Schließlich führt das Duo eine harmonische Ehe: Wenn sie abends ins Bett gehen, haben beide Migräne. Garantiert.