Der Musiker Gottfried Böttger ist prominenter Patient und sorgt für stimmungsvolle Abwechslung im Krankenhausalltag.

Hamburg. Seit einer Woche klingen durch die Flure der Asklepios-Klinik Barmbek ungewohnte Töne. Der Pianist Gottfried Böttger (59) ist prominenter Patient und sorgt für stimmungsvolle Abwechslung im Krankenhausalltag. Jeden Nachmittag sitzt er ab 16 Uhr am Flügel der Klinik, den er durch Zufall entdeckte.

Mitte August wurden bei einer Routineuntersuchung Auffälligkeiten in Böttgers Blutbild festgestellt. Obwohl er bisher keinerlei Beschwerden hatte, über wies ihn sein Internist in die Asklepios-Klinik. Dort wurde bei einer Computertomografie ein bösartiges Karzinom in der Blase diagnostiziert. "Ich hatte Glück, dass der Krebs überhaupt entdeckt wurde", erzählt Böttger, der zuvor noch nie stationär behandelt werden musste. "Selbst meinen Blinddarm habe ich noch." Als Sohn eines Arztes nimmt er regelmäßige Kontrolluntersuchungen sehr ernst. Durch eine komplizierte Operation konnte der Tumor jedoch komplett entfernt werden.

"Dabei verliert man die Angst vor dem Tod", sagt Böttger. Seine größte Sorge war es, nach dem Eingriff nicht mehr Klavier spielen zu können.

Um nach der Operation schnell wieder auf die Beine zu kommen, unternahm er viele Spaziergänge mit seinem Physiotherapeuten. Gemeinsam gingen sie durch die Barmbeker Klinik, bis er sich plötzlich vor dem Flügel im Innenhof wiederfand. Schnell war eine Spielgenehmigung eingeholt, und seitdem gibt er jeden Tag für eine halbe Stunde ein kleines Privatkonzert. "So erhalte ich ein Stück normales Leben zurück und fühle mich weniger krank", erzählt Böttger. Auch Chefarzt, Prof. Andreas Gross, Facharzt für Urologie, hört gern mal bei den Konzerten seines Patienten zu. So erledigt er die Visite auf einem angenehmeren Weg gleich mit: "Wie ich sehe, geht es Ihnen gut", ruft er ihm zu. Auch der Professor stimmt mit ein, wenn Böttger den Kneipenklassiker "Hamburg 75 - Jungs, war das gemütlich" zum Besten gibt.

Auch die anderen Patienten der Klinik sind begeistert von der musikalischen Abwechslung. "Das ist Musik zum Gesundwerden!", ruft ihm einer der Patienten zu und wippt dazu im Takt.

Während er spielt , öffnen sich die Fenster und Türen zum Innenhof. Auch der Patient Erhard Reusch freut sich: "Vor ein paar Tagen habe ich zufällig gehört, dass jemand Klavier spielt. Ich habe Herrn Böttger sofort erkannt und komme jetzt jeden Tag her." Neuerdings werden auch die Ärzte dazu angehalten, schneller zu operieren, damit die Patienten keines der Konzerte verpassen müssen.

Nach seiner Entlassung aus der Klinik hat Böttger schon sein nächstes großes Ziel im Visier: Bis zum 6. November will er wieder so fit sein, dass er in der Sendung zum 35-jährigen Bestehen der Talkshow "3 nach 9" dabei sein kann: "Das möchte ich mir auf keinen Fall entgehen lassen", sagt Böttger, der dann wieder am Klavier sitzen will. Seit der ersten Aufzeichnung der Bremer Kultsendung am 19. November 1974 ist Gottfried Böttger mit von der Partie und sorgt für die musikalische Untermalung.