“Filmstadt Hamburg - Happy End in der Krise?“ Darüber sprachen zehn Frauen aus der Filmbranche beim Ladies-Lunch des Abendblatts.

Hamburg. Die Sonne scheint strahlend an diesem Mittag, mehrere Grüppchen von Damen stehen im Schatten alter Bäume und unterhalten sich. "So würden wir diese Szene wohl beschreiben", sagt Drehbuchautorin Kerstin Oesterlin, "aber für die Einstiegssequenz eines Films müsste jetzt etwas passieren, jemandem müsste beispielsweise die Hose reißen", ergänzt ihre Autorenpartnerin Jessica Schellack. Beide waren Gäste beim 15. Ladies-Lunch des Hamburger Abendblatts, der am vergangenen Dienstag im Restaurant Wattkorn von Michael Wollenberg stattfand und die aktuellen Entwicklungen am Filmstandort Hamburg thematisierte. Schon in knapp drei Wochen werden wieder internationale Stars wie Ken Duken und Fatih Akin über rote Teppiche laufen, wenn ihre Werke auf dem 17. Filmfest Hamburg (24. September bis 3. Oktober) gezeigt werden. Das diesjährige Motto: "Pulsierende Metropolen". Dass sich in der Stadt dann etwas bewegt, davon ist Silke Cecilia Schultz, Pressesprecherin des Hamburger Filmfests, überzeugt: "Auch wenn wir mit 680 000 Euro weniger Geld zur Verfügung haben als im Vorjahr, werden wir mehr Stadtteile bespielen." So zeigen fünf statt bisher drei Kinos Filme, es gibt einen Filmrecherche-Workshop und eine Drehort-Tour. Kathrin Kohlstedde ist Programmleiterin des Filmfests, sie wählt die Werke aus, die gezeigt werden. 300 hat sie im Vorfeld gesichtet "Es ist ein klassisches Vorurteil, dass auf solchen Festivals nur ungarische Filme mit russischen Untertiteln gezeigt werden", sagt sie. "Da wir von der Stadt finanziert werden, haben wir auch die Aufgabe, solche Stücke zu finden, die einen anderen Blick geben."

Klingt positiv. Steckt die Hamburger Filmwirtschaft (aktuell rund 8000 Beschäftigte in 700 Unternehmen) dann überhaupt in einer Krise? "Die Werbebranche hat in diesem Jahr rund 40 Prozent weniger Filmaufträge vergeben. Aber jetzt zum Herbst, typisch für die Vorweihnachtssaison, zieht das Geschäft wieder kräftig an", sagte Helga Waterkotte von der Filmproduktion Neue Sentimental. "Hamburg kann selbstbewusst nach vorne gucken. Hier gibt es Top-Drehbuchautoren und Ausbildungsstätten. Sie alle müssen an Hamburg gebunden werden", sagt Christiane Scholz. Zusammen mit

Eva Hubert arbeitet sie bei der Filmförderung Hamburg/Schleswig-Holstein. Sie haben in diesem Jahr doppelt so viele Förderungsanträge vorliegen wie sonst. Eva Hubert sagt: "Diesmal waren es 58 Produzenten, die sich bei uns gemeldet haben. Das zeigt auch, wie dringend notwendig Unterstützung besonders für junge Talente ist." Da kam eine Erhöhung der Förderung um zwei Millionen auf insgesamt elf Millionen Euro von der Stadt in diesem Jahr gerade richtig. Schauspielagentin Harriet Hahlweg kritisiert die stark gestiegenen Produktionskosten in Deutschland: "Da wird es eine gesunde Marktbereinigung geben. Stark ist die Konkurrenz aus Amerika, die oft billiger, aber gleichwertig produziert."

Besonders schwierig sei es zurzeit für Nachwuchsschauspieler, da auch etablierte Künstler, die sonst ausschließlich Kinofilme drehten, für Serien und TV arbeiten würden. Hier sei die Krise stark spürbar: "Gespart wird im Fernsehbereich ganz stark, wo dann einfach viele Wiederholungen gezeigt werden. Aber eine Neuentwicklung bei Spielfilm-Produktionen funktioniert natürlich auch nur dann, wenn investiert wird", sagt Beatrice Kramm, geschäftsführende Gesellschafterin der Polyphon mit Sitz in Hamburg und Berlin.

Stefanie Volkmer-Otto, die als Kamerafrau und Produzentin arbeitete, sieht auch überzogene Gagen in der Vergangenheit als eine Ursache für ein Stimmungstief in der Filmbranche. "Die Eitelkeit vieler Filmemacher hatte zur Folge, dass viele ihren Film unbedingt im Kino sehen wollten. Eine immense Kostenexplosion, denn nicht jeder Film ist etwas für die Leinwand", sagt sie.