Nach fast vier Jahren in Hamburg wird Generalkonsul Andrzej Osiak Abschied nehmen. Besonders am Herzen liegt ihm die polnische Küche.

Rotherbaum. Das polnische Bistro Masur am Mittelweg 31 ist in den Nationalfarben Rot-Weiß dekoriert für den hohen Besuch. Hier gibt es die Küche unseres östlichen Nachbarlandes im Original. Andrzej Osiak, Generalkonsul Polens in Hamburg seit September 2008, wird freundlich begrüßt. Man kennt sich; für kleinere Empfänge ordert er hier schon mal das Catering.

Auf den Tisch kommen Flaki (ein Kuttelgericht), Pierogi (Teigtaschen mit Füllungen aus Fleisch, Kartoffeln und Quark, Pilzen und Kraut). Was braucht man unbedingt für die original polnische Küche? "Einen leeren Magen", sagt der Generalkonsul und lacht.

Andrzej Osiak, 41 Jahre alt, genießt: "Flaki krieg ich sonst nur bei meiner Mutter oder Schwiegermutter", sagt er. Wegen der räumlichen Nähe seines Heimatlandes muss er auf dessen Köstlichkeiten kaum verzichten. "In Hamburg leben etwa 20.000 Menschen mit einem polnischen Pass, 70.000 bis 80.000, schätzt er, sind polnischer Abstammung. "Nach den Türken ist das die zweitgrößte Gruppe in Hamburg." Natürlich gibt es viele kleine Geschäfte, die auch Lebensmittel aus Polen anbieten. "Außerdem fahre ich nach Warschau mit dem Auto sieben Stunden, etwa so viel wie nach München." Für große Empfänge bestellt Osiak das Essen sogar extra aus Polen. "In Zgorzelec, gleich über dem Fluss Neiße, dort gibt es ein fantastisches Restaurant."

Treffpunkt und Kulturort sein, das hat Tradition in seiner Residenz an der Maria-Louisen-Straße 137, wo er mit Frau Agnieszka und den vier Kindern im Alter zwischen 16 und 19 Jahren auch wohnt. Einmal im Monat gibt es dort eine Kulturausstellung, Lesung, ein Konzert. Drinnen haben bis zu 60 Besucher Platz, im Garten bis zu 200. Einmal im Monat wird im Metropolis-Kino ein aktueller polnischer Film gezeigt, mit deutschen Untertiteln. Und jedes Jahr organisiert Osiak zum Unabhängigkeitstag am 11. November ein Konzert in der Laeiszhalle. Und natürlich öffnet die Residenz ihre Türen bei der Langen Nacht Europas am 4. Mai zwischen 18 und 22 Uhr.

Andrzej Osiak hat Deutsch schon auf dem Gymnasium in Sochaczew gelernt; die Sprache hat ihn später in Warschau bei seinem Studium von Politikwissenschaft und Philosophie begleitet, zu dem zwei Auslandssemester in Konstanz gehörten. Nach Hamburg als Generalkonsul wurde der Berufsdiplomat nach Stationen in Köln, München und Warschau geschickt. "Ehrlich, so einen Vorschlag kann man nicht ablehnen."

Zwar entlastet die EU-Mitgliedschaft Polens die Arbeit der Konsulate sehr; geht es um den Handel, ist nach wie vor eine Menge zu tun. Polen kommen in Passangelegenheiten, es gibt eine Rechtsberatung für polnische Arbeitnehmer. Das Konsulat erstellt Broschüren, etwa für Polen, die Interesse am deutschen Arbeitsmarkt haben. Oder bündelt Informationen für Deutsche, die zur Fußball-Europameisterschaft nach Polen fahren wollen. Es gibt Mitarbeiter, die sich um kulturelle Belange kümmern und um den polnischen Sprachunterricht. An etlichen Hamburger Grundschulen wird Polnisch unterrichtet, auch an einem Gymnasium und an einer Stadtteilschule. Bei der Polnischen Katholischen Mission kann man ebenfalls die Sprache lernen.

Das polnische Generalkonsulat in Hamburg, sagt Andrzej Osiak, existiert seit 1921, zunächst bis 1939. Dann wieder seit 1991, nach Weltkrieg und Kaltem Krieg. "Westdeutschland und die Volksrepublik Polen hatten nach dem Krieg ja bis Anfang der 70er-Jahre keine diplomatischen Beziehungen."

"Manchmal", sagt er, "gibt es noch dieses Denken in Stereotypen. Aber die meisten Menschen schauen nach vorn." Viele Kontakte sind seit der Öffnung neu entstanden. "Tchibo und der Otto-Versand sind in Polen aktiv, auch Esso Deutschland, die Verlage Heinrich Bauer und Axel Springer, der Kaffeeröster Darboven. Enge Kontakte gibt es in Hafenangelegenheiten, da ist Hamburg die Drehscheibe für Polen."

Die Zukunft - das sind aber auch Polen, die nach ihrem Bachelor in Polen in Deutschland studieren. "Umgekehrt könnten es noch mehr werden, man kann ja bei uns auch in englischer Sprache und hier und da sogar auf Deutsch studieren." Polnische Forscher arbeiten am Röntgenlaserprojekt XFEL mit, am Internationalen Seegerichtshof spricht auch ein polnischer Richter Recht.

Der Austausch zwischen Polen und Hamburg hat eine lange Tradition: Schon der spätere König und Türkenbezwinger 1683 am Kahlenberg vor Wien, Jan Sobieski, habe auf seiner Bildungsreise als junger Mann in HamburgStation gemacht. Und er, Osiak, wolle nun im Staatsarchiv nachfragen, welche Urkunden zum hamburgisch-polnischen Verhältnis dort lagern. In Lübeck reichten die Dokumente zurück bis in die Zeit der Hanse.

Besonders stolz ist der Kunst- und Kabarettliebhaber auf die kulturellen Fäden, die geknüpft wurden. "Kultur hilft, die Stereotypen der Vergangenheit zu überwinden und beide Völker einander näherzubringen. Mental sind sich Deutsche und Polen ähnlich. Nur die Sprache ist unterschiedlich."

Bald soll er zurückkehren nach Warschau. Welche Bilder von Hamburg nimmt die Familie mit? "Die vielen Kanäle, auf denen ich manchmal mit meinen Gästen unterwegs war. Das Grün. Den Blick von der Köhlbrandbrücke auf den Hafen. Und dass es in Hamburg so viele Ideen gibt, die auf Initiative von Bürgern in die Gesellschaft getragen werden."

Viel gäbe es noch zu erzählen. Aber irgendwann ist auch das leckere Dessert verspeist, ein Stück Käsekuchen - ein mächtiges Argument dafür, Polen und seine Kultur zu entdecken. Und Andrzej Osiak stimmt aus vollem Herzen zu: "Es lohnt sich, das zu loben."