Der Verein Lokal in Altona bietet zahlreiche Veranstaltungen rund um Mode, Textil und Design an. Einmal im Monat wird das Lokal zum Freihaus.

Hamburg. Läuft man die Max-Brauer-Allee entlang in Richtung Ottensen, fällt ein bestimmtes Haus sofort auf - es ist hellgrün, kompakt und offenbar schon etwas älter. Abends stehen oft mehrere Leute davor oder auf dem Balkon. Aber was machen die da? Und vor allem: warum?

In dem grünen Gebäude in der Nähe der Sternbrücke hat der Verein Lokal, der den Untertitel "Konsumkulturhaus" trägt, seinen Sitz. "Dieser Untertitel soll beschreiben, was wir hier machen", sagt Projektleiterin Anne Meyer, 27. Denn der Verein pflege eine etwas andere Art von Konsum und der dazugehörigen Kultur. Einmal im Monat gibt es beispielsweise den Strickklub. Eine Idee von Vorstandsmitglied Anna Nimmo, 27: "Ich hatte eine Zeit lang mein Strickzeug immer dabei. Mit einer Freundin saß ich abends oft zusammen rum, wir haben geredet, Weinschorle getrunken - und dabei gestrickt. So entstand die Idee."

Die meisten Veranstaltungen in dem Haus haben etwas mit Mode, Textil und Design zu tun. "Das kommt einfach daher, weil es das ist, was wir können", sagt Meyer. Sie ist Ingenieurin für Bekleidungstechnik, und Nimmo studiert Textil auf Lehramt. Trotzdem sind sie auch für andere Bereiche offen. "Wir haben zum Beispiel einmal im Monat das ,Abendbrot' hier." Dabei gibt es für 12,50 Euro regionale Wurst- und Käsespezialitäten, selbst gemachten Aufstrich und Biobrot.

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Und der besondere Charme des grünen Hauses ist inklusive: alte Holzdielen, antike Möbel, selbst gebaute Lampen, untapezierte, rohe Wände, ein kleiner Garten im Hinterhof, ein großer Balkon und eine Terrasse.

"Natürlich sieht das hier alles sehr verwunschen aus, aber auch das muss gepflegt und sauber gemacht werden", sagt Meyer. Sie hat sich inzwischen selbstständig gemacht und arbeitet sieben Tage die Woche als Projektleiterin für den Verein. Die meisten anderen im Team arbeiten ehrenamtlich mit.

Wenn keine Kulturveranstaltungen stattfinden, wird das Haus vermietet. So finanziert sich der Verein. "Hier gibt es viele Fotoshootings, mal Geburtstagsfeiern oder Hochzeiten. Aber auch Verkaufs-Events, Kollektionsvorstellungen oder Ausstellungen", sagt Nimmo. Zusätzlich wird das Lokal einmal im Monat zum Freihaus - mietfrei kann es dann genutzt werden, um kreativen Ideen einen Raum zu geben. Die Bewerbung dafür erfolgt per E-Mail.

Die große Nachfrage verwundert Meyer nicht. "Es ist einfach schön hier", sagt sie. "Wir können alles ausprobieren. Wenn mal nur zehn Leute kommen, dann machen wir die Veranstaltung einfach nicht mehr. Obwohl das selten vorkommt. Neue Sachen fangen meistens klein an und wachsen dann."

Vor Kurzem haben sie eine Marmeladen-Party gemacht. "Wir haben Birnen, Zwetschen und Äpfel aus dem Garten geerntet und dann 150 Gläser Marmelade eingekocht", erinnert sich Meyer an das kleine Fest. Das übrigens auch den Nachhaltigkeitsgedanken des Vereins widerspiegele.

"Wir machen auch viele Sachen einfach selbst, und beim sogenannten Lokalswap werden gebrauchte Klamotten getauscht", sagt Meyer. Das Material für den Strickklub sei nachhaltig produziert, man nutze Ökostrom und Ökogas. "Aber dass wir uns nachhaltig verhalten, ist für uns eigentlich selbstverständlich", sagt Nimmo.

Selbst gemacht, sozial und charmant ist das, was Lokal e.V. auf die Beine gestellt hat. "Eigentlich haben wir damals eher zufällig erfahren, dass das Haus leer steht. Drei Unternehmen mieteten sich ein und etablierten das Konsumkulturhaus, das später in einen Verein überging", fasst Meyer die Entwicklung zusammen. Der Mietvertrag gilt noch bis April 2013. Danach soll das Haus abgerissen werden.

So richtig traurig wirken Nimmo und Meyer darüber allerdings nicht. "Natürlich ist der Standort wichtig für uns, und es ist schade, wenn das Haus abgerissen wird", sagt Nimmo. "Aber wir werden schon etwas anderes finden. Wir arbeiten auf jeden Fall daran, dass es weitergeht."

Aber das liegt in der Zukunft, noch gibt es das Gebäude ja. "Und die Lage hier ist richtig gut", sagt Meyer. "Es ist nicht mitten in der Schanze, wo man eh mal vorbeikommt. Man muss sich bewusst entscheiden, hierherzukommen. Alles andere würde auch gar nicht zu dem Konzept passen." Denn die Stadtteilentwicklung in der Schanze sieht Nimmo kritisch, da sei es oft zu voll. Meyer wohnt gleich um die Ecke in Ottensen und mag die Gegend nicht nur beruflich, sondern auch privat. "Ich finde es wirklich angenehm da. Das ist alles irgendwie abgeschlossen und in sich schlüssig", beschreibt sie ihren Wohnort. Und da passe das Konsumkulturhaus ja gut in die Nachbarschaft.

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