Auf einer Verkehrsinsel an der Barcastraße kümmern sich Anwohner um Beete, die Rentner Werner Kaller über Jahre bis zu seinem Tod gepflegt hatte.

Hamburg. Die Verkehrsinseln an der Barcastraße/Ecke Ackermannstraße in Hohenfelde gehören wohl zu den schönsten Hamburgs. Während sich woanders wildes Gebüsch und wucherndes Unkraut den schmalen Platz mitten im Verkehrsdschungel der Großstadt teilen, sind die Beete hier, ganz nah an der Alster, voller wunderschöner Blüten: Tränende Herzen, Bauernhortensien, Strohblumen oder Tagetes. Hinter der Aktion stecken Jürgen Hegger, 35, und Darek Kokoszewski, 27, sowie zahlreiche freiwillige Helfer. Sie pflanzen, was das Zeug hält - liebevoll, sorgfältig und vor allem bunt.

Ursprünglich initiierte Werner Kaller das Projekt. Der Zuspruch von Nachbarn und Passanten war riesig. Über Jahre kümmerte er sich fast täglich um das Blütenmeer und legte so den Grundstein für die nach ihm benannten "Kallerschen Gärten" auf der Verkehrsinsel und am Straßenrand.

Im März bemerkten Jürgen Hegger und Darek Kokoszewski allerdings, wie das Unkraut zu wuchern begann. Besorgt erkundigten die beiden sich und erfuhren, dass der 87 Jahre alte Kaller in eine Seniorenresidenz umgezogen war. Drei Monate später, am 17. Juni, starb Kaller. Damit war die Zukunft der "Kallerschen Gärten" in Gefahr. Persönlich kannten Hegger und Kokoszewski den Grünstreifenpfleger Werner Kaller kaum. "Mal hier und da ein Gespräch über den Gartenzaun", sagt Jürgen Hegger über das Verhältnis zueinander. Trotzdem zögerten sie keine Sekunde und übernahmen das Projekt des alten Herrn.

"Es läuft sehr gut an", sagt Hegger, der seit zweieinhalb Jahren in der Nähe der Verkehrsinsel wohnt. Er ist froh über die vielen Helfer und ihr großes Engagement. Alle zwei bis drei Wochen treffe sich die Truppe am Abend auf dem kleinen Grünstreifen, um die Beete zu betreuen. Dann würden Blumen gepflanzt, gegossen und natürlich Unkraut gezupft.

Viele Nachbarn unterstützen das Projekt. Manche kommen aber auch von weiter her. "Sie beteiligen sich, weil sie das Projekt einfach toll finden", sagt Hegger nicht ohne Stolz. Die Unterstützung sei so groß, dass er und seine Mitstreiter jetzt sogar zwei weitere Inseln an der Kreuzung begrünen wollen. Das hätte sich Kaller sicher gewünscht. Und nicht nur das, die Hobbygärtner wollen sich breitmachen.

"Unser Ziel ist es, auch die Anwohner am gesamten Graumannsweg, der Verlängerung der Barcastraße, zu mobilisieren", sagt Hegger. Dort seien schon einige wenige Straßenbeete bepflanzt, doch in Zukunft soll der ganze Straßenzug blühen. "Wenn jeder vor seiner Haustür Hand anlegt, können wir das ganze Straßenbild verändern", erläutert Hegger das Motto.

Mit Zetteln sucht die Gruppe im Stadtteil Freiwillige. Außerdem hat Hegger ein Facebook-Profil für die "Kallerschen Gärten" eingerichtet. 27 Mitglieder hat die Gruppe inzwischen. Und wer keine Zeit habe, selber mitzupflanzen, der könne auch mit einer Blumenspende oder einem Geldbetrag für den Kauf neuer Pflanzen helfen.

Der Einsatz erfreut nicht nur die Nachbarn. Constanze Fischer, die Tochter von Werner Kaller, findet diese Nachbarschaftshilfe "sensationell". Sie ist gerührt von Heggers Einsatz und dem großen Engagement der Anwohner. "Schöner kann man meines Vaters gar nicht gedenken", sagt sie. "Das macht mich stolz und glücklich."

Am Donnerstag (21. Juli), 19 Uhr, trifft sich die Gruppe wieder. Der Abend soll ein ganz besonderer werden. Denn am Freitag wäre Kaller 88 Jahre alt geworden. Neben wundervollen Blumen wollen die Hobbygärtner dann zusätzlich mit Totenlichtern des großzügigen Wohltäters gedenken.