Imbisswagen war gestern – auf Hamburgs Straßen sind Food-Trucks unterwegs. Warum sich immer mehr Menschen für die rollenden Gourmet-Stationen begeistern können, weiß Alexandra Maschewski

Sollten plötzlich die anderen Stühle in der Kantine leer bleiben und sich die Kollegen geduldig in eine Schlange auf dem Parkplatz einreihen, dann könnte es daran liegen, dass ein besonderes Gefährt zu Gast ist. Food-Trucks heißen die mobilen Gourmet-Stationen, die eine Alternative zu eintöniger Kantinenkost und schnellem Imbiss-Snack bieten wollen. Ein Trend, der nach und nach nicht nur den Norden, sondern ganz Deutschland erobert.

„Wir fahren einfach dorthin, wo der Hunger ist“, bringt Claudio Pekrun es auf den Punkt. Zusammen mit seinem Freund Nikolaj de Lousanoff hat der 27-Jährige vor einem Jahr The Big Balmy (thebalmy.com) gegründet, ein mobiles Burgerrestaurant, das immer mehr Fans findet. Die Hamburger Jungunternehmer kommen beide nicht aus der Gastronomie, sondern aus dem Finanzsektor. Da beide Lust auf ein neues Geschäftsmodell hatten, fragten sie damals eine Freundin nach einem aktuellen Trend aus den USA: „Die schnelle Antwort: Food-Trucks!“, sagt Claudio Pekrun. „Und da Trends aus Amerika ja oft zeitversetzt zu uns kommen, schauten wir uns den Markt genauer an.“

Nachdem die Wahl ganz strategisch auf das Trendprodukt Burger gefallen war, holten sich die Gründer einen erfahrenen Küchenchef ins Boot, kauften in Holland ein geeignetes Fahrzeug und legten los. Was gar nicht so einfach gewesen sei, denn Food-Trucks könnten in Hamburg – anders als in den USA – nicht einfach am Straßenrand anhalten und ein Parkticket ziehen. „Da es schwierig ist, entsprechende Konzessionen zu bekommen, müssen wir mit Genehmigung des Eigentümers auf Privatflächen stehen“, erklärt Claudio Pekrun. Und so steht der schwarze Truck eben mal in der HafenCity bei der Werbeagentur Scholz&Friends oder vor der Bucerius Law School, je nachdem, wer seinen Mitarbeitern mit Burgern aus Biofreilandrind im frisch gebackenen Brötchen etwas Gutes tun möchte. Die Balmy-Chefs sind sich sicher, mit ihrem Geschäftsmodell genau den richtigen Zeitpunkt erwischt zu haben. „Als wir starteten, gab es keine 20 Food-Trucks in Deutschland, heute sind es rund 40 verschiedene Konzepte.“

Immer nur Currywurst und Pommes sind auf die Dauer langweilig

Tatsächlich gibt es mit „Food-Trucks in Deutschland“ sogar eine eigene Facebook-Plattform, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, über diesen besonderen Streetfood-Trend zu berichten. Wer dort ein wenig stöbert, findet auch Bilder der Hamburger Lunch-Karawane (lunch-karawane.de), ein Zusammenschluss von derzeit zehn verschiedenen gastronomischen Angeboten – die Bandbreite reicht von Suppe über Pizza bis hin zu asiatischen Gerichten. An wechselnden Standorten mit geringem Angebot wollen die kleinen Einzelunternehmen abwechselnd Abhilfe schaffen. Neu an Bord ist Lea Trampenau, die mit ihrem Goldburger (goldburger.net) ebenfalls seit ziemlich genau einem Jahr am Markt ist. Ihren kleinen Oldtimer-Verkaufswagen – ein Food-Trailer – hat sie auf Rügen gefunden. „Er stand in einem Schrebergarten und diente als Geräteschuppen“, sagt die studierte Agrarwissenschaftlerin, die ihren Kunden nicht nur hochwertige Produkte verkaufen, sondern auch eine Philosophie vermitteln möchte. Sie verwendet ausschließlich Fleisch von Rindern, die ganzjährig im Freien leben und im vertrauten Umfeld auf der Weide betäubt und getötet werden. „Das Konzept kann man in den paar Minuten nachlesen, die man auf seinen Burger wartet – das Feedback ist bombastisch“, so Lea Trampenau. Erst seit drei Wochen gehört Danja Spitzer mit ihrem Suppenkulttruck, dem wohl kleinsten Food-Truck Hamburgs, zum Team der Lunch-Karawane. „Viele Hamburger Unternehmen sparen ihre Kantine ein, und die Mitarbeiter haben keine Lust, immer nur Currywurst und Pommes zu essen“, sagt die 47-Jährige. Sie seien dankbar, bei ihr Klassiker wie Linsen- oder Kartoffelsuppe zu bekommen, „alles wie zu Hause gekocht“.

Wie erfolgreich die neuen Food-Truck-Konzepte sein können, zeigt sich bereits bei The Big Balmy. Mit Investorenunterstützung sollen noch in diesem Jahr vier weitere „Speisewagen“ hinzukommen, die dann auch in Schleswig-Holstein und Niedersachsen im Einsatz sein könnten.