Beim Abendblatt diskutieren die sechs Senatschefs über die Zukunft Hamburgs. Wie entwickelt sich die Stadt? Was sind ihre Stärken – und wo liegen ihre Schwächen?

Hamburg. Zusammengerechnet haben sie die Stadt knapp 30 Jahre lang regiert: Die fünf in Hamburg lebenden Altbürgermeister Klaus von Dohnanyi, Henning Voscherau, Ortwin Runde (alle SPD) sowie Ole von Beust und Christoph Ahlhaus (beide CDU) mischen sich auch nach dem Ausscheiden aus dem Amt immer wieder politisch ein. Auf Einladung des Abendblatts haben sich die Altbürgermeister und Amtsinhaber Olaf Scholz (SPD) nun zum ersten Mal zu einer Grundsatzdiskussion über die Zukunft der Stadt getroffen.

Das zweistündige Gespräch im sogenannten Verlegerbüro des Verlagshauses am Axel-Springer-Platz war von Zuversicht und Sorge gleichermaßen gekennzeichnet, was Hamburgs Rolle in Deutschland, Europa und der Welt angeht. „Unter den second cities (den zweiten Städten, die Red.) Europas, zu denen wir zusammen mit Städten wie Mailand und Barcelona gehören, liegt Hamburg ganz weit vorn“, sagte Henning Voscherau. „Und ich glaube, dass die Tüchtigkeit der Hamburger ausreicht, um diese Position zu halten.“

Hamburg habe „nach wie vor im nationalen und internationalen Vergleich eine ungeheure Attraktivität“, betonte auch Christoph Ahlhaus. „Wir erleben aber, dass Hamburg als zweitgrößte deutsche Metropole in einigen Bereichen auf den dritten Platz zurückfällt oder sogar dahinter, und das sollte für uns Ansporn sein“, sagte Ahlhaus.

Die deutlichste Kritik an der Entwicklung der Stadt kam von Klaus von Dohnanyi. „Es wäre unsinnig zu bestreiten, dass wir die Banken weitgehend verloren haben und einen großen Teil der Versicherungen, die Buchverlage und viele Medien, die nach Berlin gehen“, sagte von Dohnanyi. Es bestehe langfristig die Gefahr, „dass wir zu einem Feederhafen werden, die großen Schiffe aber Rotterdam anlaufen“. Der frühere Bundesbildungsminister hatte vor wenigen Tagen mit den Ex-Senatoren Wolfgang Peiner (CDU) und Willfried Maier (Grüne) in einem gemeinsamen Appell den Ausbau Hamburgs zur Wissenschaftsmetropole gefordert. „Ich bin überzeugt, dass die Stadt keine starke Zukunft haben kann ohne starke Wissenschaften“, sagte von Dohnanyi beim Bürgermeister-Gipfel.

Bürgermeister Olaf Scholz zog eine deutliche optimistischere Bilanz. „Die Hamburger Wirtschaft verfügt über eine große Bandbreite, und darin unterscheidet sie sich von fast jeder anderen Stadt in Deutschland“, sagte Scholz. Hamburg habe „wegen der langen Tradition als Stadtrepublik immer darauf geachtet, dass Dinge, die für die eigene Entwicklung wichtig sind, auch im eigenen Stadtgebiet stattfinden“. So seien „wir nicht der Verlockung erlegen, den Hafen oder Flughafen außerhalb der Stadt weiterzuentwickeln“.

Doch das rief den Protest von Henning Voscherau auf den Plan. Der Verzicht auf den Flughafen Kaltenkirchen sei gerade „keine Selbstbeschränkung“ gewesen. Das Projekt sei am Streit mit Schleswig-Holstein und dem Bund über die Finanzierung gescheitert.

Doch es waren nicht nur die großen Themen und Linien, die die Diskussion beherrschten. Immer wieder ging es auch um aktuelle politische Streitfragen wie etwa die Zukunft der Roten Flora im Schanzenviertel – mit überraschenden Bekenntnissen. „Eine Stadt wie Hamburg kann so etwas wie die Rote Flora von der Nutzung her ertragen“, sagte Ole von Beust. „Ich wünschte, Sie hätten das früher auch immer so vertreten“, konterte von Dohnanyi, der darauf anspielte, dass von Beust als Oppositionspolitiker einst die Räumung gefordert hatte.