Aber wann, wie oft und wie stark sollte man jetzt gießen? Wer ein paar einfache Regeln beachtet, spart Wasser, Arbeit und tut dem Garten doch etwas Gutes

In einem Punkt ist meine Frau Anke sehr streng mit mir. Neulich, in unserem Garten im Wendland, war es wieder mal so weit. „Trinkst du auch genug?“, fragte sie halb mahnend, halb fürsorglich. Ich hatte in unserem kleinen Mühlenpark ein wenig nach dem Rechten gesehen – und zwar ganz bedächtig, wegen der Hitze. Aber es ist ja im Moment so heiß, dass mir schon das Wasser runterläuft, wenn ich nur ein paar Brennnesseln rausreiße. Ich nahm also die Flasche Wasser, trank, und zack, Sie kennen das bestimmt, standen dicke Schweißtropfen auf meiner Stirn. Anke guckt mich nachdenklich an. Ich nehme noch schnell einen großen Schluck, vielleicht hatte ich ja nicht genug getrunken. Dann fragt sie: „Sag mal, können Pflanzen auch schwitzen?“

So ist sie, meine Anke, und ich war erst einmal perplex. Aber natürlich ist das so. Wie Menschen und Tiere transpirieren auch Blumen und Bäume, wie der Botaniker sagen würde. Und die brauchen wie wir bei der herrschenden Hitze viel Wasser zur Kühlung. Über ihre Blätter geben sie es dann wieder ab wie Menschen über die Poren ihrer Haut. Dabei entweicht nur ganz wenig über die Blattoberflächen, die gegen Ausdunstung mit einer unterschiedlich dicken Wachsschicht überzogen sind. Lorbeer und Rosmarin, die aus dem heißen Mittelmeerraum stammen, haben eine dickere Oberfläche als die meisten heimischen Gehölze. Fetthenne und andere Steingartenpflanzen haben dicke Blätter, in denen sie sogar Wasser speichern können.

Die meiste Feuchtigkeit geben Pflanzen über die Unterseite ihrer Blätter ab, über die sogenannten Stomata. Das sind kleine, manchmal lippenartige Öffnungen, über die auch der Austausch von Kohlendioxid aus der und Sauerstoff in die Luft stattfindet. Geben die Pflanzen über die Blätter – je größer desto mehr – Wasser ab, entsteht eine Art Sogwirkung, die aus den Wurzeln Feuchtigkeit durch die Adern nach oben zieht. Dabei können unglaubliche Wassersäulen entstehen – Weltmeister ist der Mammutbaum in Kalifornien, der Wasser bis zu 120 Meter hoch in die Wipfel pumpt.

So etwas haben wir natürlich nicht gleich neben der Terrasse oder auf dem Balkon – dafür eine Hitzewelle mit Sahara-Temperaturen. Und das heißt für uns Hobbygärtner: ran an Schlauch und Gießkanne. Im Extremfall kann ein einziger Tag ohne Wasser eine Pflanze ruinieren. Aber wenn man ein paar Regeln beachtet, spart man Wasser und Arbeit – und tut den Pflanzen was Gutes.

Frühmorgens ist es kühl, der Verlust durch Verdunstung ist gering. Früher galt: Abends ist die beste Zeit. Das geht natürlich auch, aber man muss rechnen, dass ein Teil der Feuchtigkeit verdunstet, weil die Erde noch warm ist. Am besten nach dem Gießen einmal durchhacken. Das lockert den Boden auf und unterbricht die Kapillaren in der Erde, über die tagsüber Wasser wieder nach oben verdunstet. Eine alte Gärtnerregel sagt: Einmal durchhacken erspart dreimal Gießen.

Meine Erfahrung ist auch: Nicht jeden Tag ein bisschen, sondern ein- oder zweimal die Woche richtig gießen – und möglichst immer an den Stamm. Wer Rosen etwa von oben beregnet, riskiert Pilzbefall. Wassertropfen auf Blättern wirken in der Sonne wie ein Brennglas. Auch nicht gleich die ganze Gießkanne auf einmal auskippen, sondern immer erst das Wasser einziehen lassen und dann nachschütten. Man kann auch Pflanzen erziehen. Die Wurzeln folgen nämlich dem Wasser. Wer immer nur leicht um den Stamm eines Gehölzes wässert, bekommt flache Wurzeln dicht unter der Oberfläche, wo sie schnell vertrocknen können. Lässt man das Wasser am Stamm einsickern, wächst auch die Wurzel in die Tiefe, wo die Feuchtigkeit sich länger hält.

Wer Wasser sparen will, schneidet den Rasen nicht kürzer als fünf Zentimeter und lässt den Schnitt als Mulch liegen, um ein Austrocknen des Bodens zu verhindern. Dann reicht es, wenn Sie ein- oder höchstens zweimal die Woche den Sprinkler anstellen. Und wie lange muss ich beregnen? Ich nehme ein leeres Marmeladenglas und stelle es unter den Regner. Steht das Wasser in dem Glas 1,5 bis zwei Zentimeter hoch, entspricht das etwa einer Niederschlagsmenge von 15 bis 20 Litern pro Quadratmeter. Das reicht.

Bis zum nächsten Wochenende, herzlichst Ihr Karl Günther Barth