Wie schmeckt das, was kostet es, und ersetzt es den Gang zum Supermarkt? Die Wundertüte für Ernährungsbewusste im Abendblatt-Test.

Die Aufregung erinnert an jene aus Kindheitstagen, kurz bevor das Papier der Wundertüte in Fetzen hing und die "Wunder" - meist kurzlebiger Krimskrams und Süßigkeiten - zum Vorschein kamen. Nun also die Variante für ernährungsbewusste Erwachsene: die Obst-, Gemüse- oder Biokiste. Die Lust auf Frisches meist aus der Region, der Trend, sich gesund und ausgewogen zu ernähren und nicht selten der Komfort, nach einem Arbeitstag nicht mehr den Supermarkt aufsuchen zu müssen, veranlassen viele Hamburger, sich ein Obst- und Gemüse-Abo zuzulegen. Aber wie funktioniert das genau?

Ein Selbstversuch: Zu Beginn der Woche bestellen wir bei "Biokiste - vom Hof nach Hause" per E-Mail eine kleine Regio-Kiste, pünktlich zum nahenden Wochenende steht sie am Donnerstag vor der Tür. Alle Produkte sind aus dem Umland. Die Herbstvariante sieht dann so aus: Chinakohl, Mangold, Radicchio, ein Bund Salbei, eine Handvoll Schalotten, vier Äpfel und zwei Birnen - alles sieht appetitlich frisch aus. Im Sommer wären es beispielsweise Brombeeren, Tomaten, Paprika und Zucchini. Auf Wunsch sind außerdem noch sechs Freiland-Eier und je eine Flasche Milch sowie Apfelsaft in die Box gewandert. Zehn Euro kostet die kleine Basiskiste, mit den Extras sind es rund 13 Euro. Drei Rezepte auf der Rückseite der Artikelauflistung sollen helfen, mit dem Inhalt kleine Kochwunder zuzubereiten. Linsen-Mangold-Eintopf, Peking-Suppe und Käse-Tortellini mit Orangen-Salbei-Butter. Neben den Produkten aus der Kiste sind dafür aber noch ein paar andere Zutaten nötig. Also doch wieder in den Supermarkt hetzen und Tüten schleppen?

Zumindest einige Basiszutaten wie beispielsweise Mehl, Butter und Essig sollten daheim vorhanden sein. Dann reicht ein Blick ins Kochbuch - und es gibt die Woche über gedünsteten Mangold, Gnocchi mit Salbei-Butter, süßsaure Chinakohl-Pfanne und zwischendurch leckeres Obst. Vielleicht ist es das gute Gewissen, das unterbewusst mitisst. Bio, regional, saisonal - es schmeckt.

Nur der Radicchio bleibt liegen. Allein die Erinnerung an den bitteren Geschmack - schon verzieht sich das Testergesicht. Also: für die Zukunft aus der Kiste ausschließen. Es kann aber auch so wie mit dem zuvor unterschätzten Mangold laufen: Den muss es jetzt öfter geben. Die Kiste ist tatsächlich eine Wundertüte - mit Dingen, die man sich erhofft hat, und solchen, auf die man hätte verzichten können. Aber oft sind es die unbekannten Produkte, die ganz neue Genusswelten eröffnen.

Viele Fans der Abo-Kisten trainierten sich ein besseres Essverhalten an, sagt Jura Nordhausen, 28, vom Anbieter Biokiste - vom Hof nach Hause. Im März 2009 hat er das Unternehmen gegründet. "Ich wollte etwas frischen Wind in die Branche bringen", sagt der Stellinger. "Und auch Studenten ansprechen." Das ist ihm gelungen. 400 Kunden lassen sich mittlerweile von ihm und seinen zwei Kollegen beliefern - von der Villa an der Elbchaussee bis zur Wohngemeinschaft auf St. Pauli. Auch Profi-Fußballer und DJs sollen schon dabei gewesen sein. Der Großteil der Kunden bestellt eine Obst- und Gemüsekiste.

"Manche Kunden sagen, sie ackern sich durch die Kiste", sagt Jura Nordhausen. Und das meint er gar nicht negativ. Vielen fehle nach einem langen Arbeitstag der Ansporn, selbst zu kochen oder das geeignete Rezept für ein bis dahin unbekanntes Produkt. Und dann gibt es doch wieder Nudeln mit Fertigsoße. "Es geht darum, den eigenen Essenshorizont zu erweitern", sagt Nordhausen. "Und oftmals genügt da schon der Blick auf heimische Felder." Die Produkte seiner Kiste stammen von drei Partnerbetrieben und einem Bio-Großhändler für nicht regionale Produkte wie Bananen. Nordhausen rät Neukunden zunächst zur kleinen Variante. "Je nachdem, wie man damit so über die Woche kam, kann man die Bestellung dann individuell anpassen."

Fazit: ein toller Service, Produkte aus der Region direkt vor die Haustür geliefert zu bekommen. Alles macht einen frischen Eindruck. Da sich die Kisten hinsichtlich Produkten und Menge individuell anpassen lassen, sind sie für jeden geeignet. Für stillende Mütter etwa gibt es ein Extraangebot ohne saure oder blähende Obst- und Gemüsesorten. Für den Alles-auf-einmal-Einkäufer ist ein solches Abo auch preislich in Ordnung. Wer jedoch den Bummel über den Wochenmarkt liebt, um sich inspirieren zu lassen und spontan einzukaufen, oder die besten Angebote verschiedener Supermärkte zusammenträgt, um am Ende viel zu sparen, sollte die Finger von der Kiste lassen.