Wer der heilige Martin war und warum es Laternelaufen und Gänsebraten gibt, erklärt Geneviève Wood. Am 11. November ist Martinstag.

Jetzt im Herbst ist es abends wieder ganz früh dunkel. Viele Kinder laufen mit ihren Kitas und Grundschulen Laterne. Manchmal nennt sich das auch St.-Martins-Umzug. Und beim Schlachter werden gerade Martinsgänse verkauft. Aber wer war überhaupt dieser Martin? Und was hat der mit Laternen und Gänsen zu tun?

Martin lebte vor vielen Hundert Jahren. Er war der Sohn eines römischen Soldaten. Martin wurde auch Soldat, obwohl er eigentlich ganz friedliebend war. Das sagt jedenfalls Frank Engelbrecht. Er ist Pastor an der Kirche St. Katharinen in der Altstadt und kennt sich aus. Frank Engelbrecht erzählt auch, dass Martin an einem Februarmorgen auf seinem Pferd von einem nächtlichen Ritt auf dem Weg nach Hause war. Es war ein Winter mit Frost und heftigem Schneesturm. Martin hatte es auf seinem Pferd gemütlich, weil er einen warmen Soldatenmantel trug. Gerade als er zum Stadttor hineinwollte, sah er einen Bettler, der kurz vorm Erfrieren war. Dem Bettler war so kalt, weil er kaum etwas zum Anziehen hatte. Er war fast nackt! "Eine Gabe, guter Herr", bettelte er. Martin hatte aber gar kein Geld dabei. Er hatte seinen Lohn nämlich schon an arme Bauern verschenkt. So ein guter Mensch war Martin. Weil er dem frierenden Bettler aber helfen wollte, nahm Martin seinen warmen Mantel - und schwups! - schnitt ihn mit seinem Schwert in zwei Teile und gab dem Bettler eine Hälfte.

In der folgenden Nacht träumte Martin vom Bettler, der sich in dem Traum als Jesus ausgab. Nach diesem Erlebnis wollte Martin dem lieben Gott noch näher sein und ließ sich taufen. Er verließ den Militärdienst und ging in die französische Stadt Poitier (sprich: Poatjee) zu Bischof Hilarius, der sein Lehrer wurde. Der Bettler hatte übrigens vielen anderen Leuten in der Stadt von dem Erlebnis mit dem Soldaten berichtet. Und schon bald wussten alle, na ja jedenfalls die meisten, von dem netten Martin, und er war überall wegen seiner Wohltätigkeit bekannt. Und als der Bischof von Tours - das ist eine Stadt in Frankreich, und man spricht sie Tur aus - starb, wollte man Martin zum Nachfolger wählen. Aber dem war das sehr unangenehm, weil er ein bescheidener Mensch war und nicht so gern im Mittelpunkt stand. Es gibt eine Geschichte, wonach sich Martin deshalb im Gänsestall versteckte. Die Menschen suchten überall nach ihm. Auch in der Nacht. Damals gab es noch keine Taschenlampen, also nahmen sie Laternen, um in der Dunkelheit etwas zu sehen. Vielleicht ist das ein Grund, warum wir heute zum Martinstag Laterne laufen. Vielleicht gibt es die Laternenumzüge aber auch, weil die Menschen früher zum Dank für die Ernte auf den abgeernteten Feldern Feuer entzündet haben. Aber zurück zum heiligen Martin, der sich bei den Gänsen versteckte: Die Leute fanden ihn schließlich doch, weil die Gänse Martin nicht in ihrem Stall haben wollten und ganz laut schnatterten und ihn dadurch verrieten. Angeblich ließ Martin die Gänse zur Strafe braten. Und Martin? Der wurde dann doch Bischof von Tours. Es wird berichtet, dass er Kranke pflegte, Notleidenden half, Hungernden zu essen gab. Am 8. November 397 ist er gestorben. Er wurde 80 Jahre alt. Jeden 11. November feiern viele Menschen mit Liedern und Laternen den Martinstag, denn an diesem Tag wurde er begraben. Anschließend verspeist man gern seine Verräter: die Martinsgänse!