Hamburg. Überall auf den Märkten und in den Blumenläden sind sie jetzt zu sehen – die ersten Frühlingsboten wie Stiefmütterchen, Hornveilchen, kurze Narzissen, Krokusse, Bellies und Primeln. Sie gibt es in allen erdenklichen Farben.
Zu den klassischen Blühern gesellen sich immer wieder auch neue Züchtungen. So zum Beispiel die Tigerprimel (Primula vulgaris), die eine Kreuzung aus Schlüsselblume und Primel ist und sich durch gelb-braune Blütenblätter auszeichnet. Sie eignet sich wie alle Primeln für Balkon oder Garten und kann nach der Blüte auch ausgepflanzt werden, wie Friedrich Botter vom gleichnamigen Blumen- und Pflanzenhandel berichtet.
Farbe nach spätwinterlichem Grau
Verlockend die Aussicht, auf diese Weise dem heimischen Balkon etwas frische Farbe zu verpassen und ein kleines Gegengewicht zum spätwinterlichen Grau mancher Tage zu setzen.
Doch mit „einfach Erde in den Topf“ ist es dabei nicht getan, wie Petra Weinstein in einem dreistündigen Workshop in den Räumen der Evangelischen Familienbildung Harburg zeigte.
Teilnehmer konnten mit den Händen nicht gleich in der Blumenerde wühlen: Etwas Theorie gehört schon dazu!
So ist es zum Beispiel wichtig, die Nutzung des Balkons zuerst zu bedenken. Will man dort sitzen und essen, Tomaten und anderes züchten oder mit Pflanzen den Sichtschutz gestalten?
Wachstumsbedingungen müssen stimmen
Wichtig ist bei der Wahl der Bepflanzung auch, ob es sich um einen überdachten Balkon handelt oder der Regen ungebremst auf die Blütenpracht niedergehen kann.
„Nur wenn die Wachstumsbedingungen stimmen, darf man mit schönster Blütenpracht rechnen“, erklärt Petra Weinstein, die außer Workshops auch einen mobilen Balkon- und Pflanzservice anbietet.
Wer also keine Zeit, keine Kraft oder keine Inspiration für die Gestaltung seines Balkons oder seiner Dachterrasse hat, der kann sich an die Unternehmerin wenden, die sich seit 2001 mit dieser Dienstleistung selbstständig gemacht hat.
Zurück zum Workshop. Endlich dürfen wir werkeln, indem wir mit Hammer und Schraubenzieher sowie beherzten Schlägen jeweils zwei Löcher in den Boden der Balkonkästen schlagen – zwecks Abflusses des Stauwassers, denn das mag keine Pflanze im Kasten. „Sie reagiert dann mit Schimmel oder braunen Blättern“, warnt Weinstein.
Drainage legen mithilfe von Tonerde
Im nächsten Arbeitsgang erfahren wir, dass ohne Haushaltspapier im Behälter offenbar nichts geht: Erst damit den Boden auslegen, dann mit einer Schicht Tongranulat auffüllen, zuletzt erneut mit einer Lage Haushaltspapier das Ganze abdecken.
„Mit diesen drei Ebenen haben wir quasi die Drainage im Kasten gelegt“, so die Expertin, sichtlich zufrieden mit unserer Arbeit.

Frisch und erdig ist der Geruch, den die geöffneten Erdsäcke verströmen – ein Gefühl von Frühling verbreitet sich. Petra Weinstein nutzt den Moment, um uns zu erklären, dass viel wichtiger als der Duft nicht nur die Handlichkeit des Sacks, sondern auch das Material sei. „Das sollte nämlich torffrei sein – ganz nach dem Nabu-Motto ‚Gärtnern ohne Torf für den Klimaschutz‘“, sagt die Fachfrau.
Die Wurzeln der Pflanzen leicht anreißen
Wer denkt, einfach mal den Kasten mit Erde zu befüllen reiche, hat sich geirrt. Denn zunächst wird eine Schüttung eingebracht und diese dann mit dem Handballen festgedrückt.
Erst im nächsten Schritt folgt die Füllung mit lockerer Erde, in die dann die ausgesuchten Pflanzen eingegraben werden. Die Pflanzen vom Fachhandel werden dazu aus ihren kleinen Einzeltöpfen genommen und der verwurzelte Ballen mehrfach leicht „angerissen“.
Auf keinen Fall von oben gießen
„Die jungen Wurzeln finden so schneller ihren Weg im Balkonkasten und breiten sich aus“, erklärt Weinstein und durchwalkt dabei beherzt das Wurzelwerk eines kleinen Hornveilchens.
Ist jede Pflanze an ihrem Platz, kann der Balkonkasten an seinem Standort befestigt oder aufgestellt werden. Erst danach sollte das Angießen erfolgen, denn das Wasser erhöht um einiges das Gewicht.
„Aber auf keinen Fall einfach von oben gießen, denn jeder Wassertropfen auf dem Blatt kann bei Sonnenschein wie ein Brennglas wirken“, erklärt die Fachfrau. Nach dem ersten Angießen kann durchaus noch etwas Erde zugegeben werden, wenn sich durch die Wasserzugabe tiefere Stellen im Kasten ergeben haben sollten.
Nicht jeder Dünger ist geeignet
Resterde im Sack sollte man besser entsorgen, „vielleicht auf einem Beet an der Straße oder an einem Baum“, schlägt sie vor. Und wie ist es mit Dünger?
Der sei immer wichtig, aber nicht jeder sei geeignet. „Bei ungeschützten Balkonen sollten die Pflanzen nicht mit einem Flüssigdünger gedüngt werden, denn Regen verwässert die Düngung“, sagt Petra Weinstein. Bei solchen Balkonen empfiehlt sie ein Granulat als Langzeitdünger.
Praktisch seien auch Sticks, die es sogar speziell für Kräuter, Gemüse oder Blühpflanzen gebe. In jedem Fall sollte man die Beschreibungen lesen, denn nur Pflanzen mit richtiger Pflege machen den Balkon zu einem beliebten Außenbereich, der zu jeder Jahreszeit eine kleine Oase sein kann.
Mit dem Hochbeet für gesunde Snacks sorgen
Und da das Gärtnern bekanntlich der Entspannung dient, will Petra Weinstein auf Deutschlands größter regionaler Wirtschaftsmesse für ihr neues Projekt „Hochbeete für Firmenterrassen und -gärten“ werben.
„Zusammen mit Ausstellern und Besuchern werde ich am 19. April ein Hochbeet bepflanzen, das wir danach der benachbarten Kita Königekinder schenken.“ Mit dieser Art von „Guerilla-Marketing-Aktion“ hofft die 57-Jährige Aufmerksamkeit erregen zu können.
„Urban Gardening erfreut sich im privaten Bereich seit mehreren Jahren großer Resonanz. Warum also sollte die Idee, dass Bürogemeinschaften gesunde Snacks ganz leicht selbst auf dem Firmengelände pflanzen, ernten und genießen, nicht auch auf fruchtbaren Boden fallen?“, so die Unternehmerin.
Fachvortrag auf einer Messe geplant
Wie man sich das genau vorstellen kann, darüber will sie am selben Tag auf der Messe im Fachforum berichten. Sie ist sicher: Gemeinsames Gärtnern macht glücklich, fit und motiviert. „Und selbst gepflanzte Tomaten schmecken ohnehin am besten, während der Duft von Kräutern entspannt.“
Der Workshop „Sommerblüher und Stauden“ (30 Euro) findet am 26. Mai in der Evangelischen Familienbildung Harburg statt. Anmeldung unter Tel. 519 00 09 61. Mehr zum Balkonservice unter www.balkon.service.ms
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