Hamburg. Pastoren werden zu YouTubern und organisieren Rave-Andachten: Kirche auf neuen Wegen in Himmel & Elbe.

Das Handy blinkt und verkündet: Das vorproduzierte YouTube-Video mit unserer Andacht ist pünktlich zum Sonntagmorgen hochgeladen! Ich setze mich an den Rechner – ohne Talar. Zum ersten Mal in meinem Leben wende ich mich im Schlafanzug an die Gemeinde . Ich versende E-Mails mit unserem Video-Link, teile ihn auf Facebook und schicke ihn an meine WhatsApp-Kontakte. Und bleibe sozusagen an der v irtuellen Kirchentür stehen, denn sofort trudeln die ersten Reaktionen ein.

Der Austausch beginnt, und das bleibt so für die nächsten Stunden. Am Ende meines ersten Sonntagmorgens als YouTube-Neuling bin ich zwar nicht in der realen Kirche gewesen, habe niemandem die Hand geschüttelt, aber mit vielen Menschen telefoniert, geschrieben und gechattet.

Livestreams, Podcast und Telefonandachten

Unser erfolgreicher Start kurz vor Ostern macht Lust auf mehr. Doch schnell merke ich: Jedes noch so perfekt produzierte Video kann die reale zwischenmenschliche Kommunikation nicht ersetzen. Trotzdem sind Videoandachten ebenso wie Livestreams, Podcasts und Telefonandachten in dieser Zeit der Kontaktbeschränkungen immens wichtig. Das zeigen mir die Rückmeldungen aus der Gemeinde. „Es tat so gut, euch zu sehen“, sagt mir die Leiterin des Seniorenkreises am Telefon, nachdem die erste Videoandacht online gegangen ist.

Alle fünf Pastorinnen und Pastoren unserer evangelischen Gemeinde Harburg-Mitte haben zusammen an diesem Video mitgearbeitet und digitales Neuland betreten, um den Menschen in unserer Gemeinde zu zeigen: Wir sind weiter für euch da.

Keine Erfahrung mit dem Produzieren von YouTube-Videos

Freiwillig wären wir diesen Schritt innerhalb so kurzer Zeit vermutlich nicht gegangen. Als ich mich Anfang März von einem Fachmann beraten ließ, welchen Weg in Sachen Social Media unsere Kirchengemeinde einschlagen sollte, riet er zum YouTube-Kanal. Das war überraschend. Niemand aus unserem Team hatte bis dahin Erfahrung mit dem Produzieren von YouTube-Videos.

Zwei Wochen später ist die Welt eine andere. Die erste Krisenbesprechung im Team schiebt uns um gefühlte Lichtjahre nach vorn: Wir beschließen, für den Sonntag ein kurzes Andachtsvideo zu drehen, ohne Erfahrung, ohne Technik und vor allem ohne die leeren Kirchenbänke zu zeigen. Ob das gut gehen kann? Unser Kantor Fabian Bamberg weiß, wer uns helfen kann: sein technikaffiner Orgelschüler Paul.