Kirche

„Ich werde immer katholischer“

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Sabine Tesche

Der sonntägliche Messebesuch ist ein Muss für PR-Managerin Alexandra von Rehlingen, selbst auf Reisen sucht sie immer eine Kirche auf. Ihr Glaube gibt ihr Kraft und hat sich durch das Leben in der Diaspora noch verstärkt

Von oben fällt ein Lichtstrahl direkt auf den Platz, auf dem Alexandra von Rehlingen bevorzugt in der St.-Elisabeth-Kirche in Harvestehude sitzt. Zweite Reihe links außen in der Nähe der schönen Kreuzwegbilder, welche die Wände der ansonsten schlichten katholischen Kirche schmücken. „Das ist schon eine Art Familienplatz, hier sitze ich immer mit meiner Großtante“, sagt von Rehlingen und meint die bekannte Hamburger Autorin Sybil Gräfin Schönfeldt, die wie sie aus deutschem Uradel stammt. Der sonntägliche Gottesdienstbesuch ist ein Muss für die PR-Managerin von Rehlingen, deren Agentur zu den bekanntesten in Deutschland gehört. Selbst auf Reisen sucht sie immer in der jeweiligen Stadt eine katholische Kirche auf und fragt im Hotel als Erstes nach den Messezeiten. „In Italien ist es leicht, eine schöne Kirche zu finden, aber in China war das echt schwierig“, sagt die studierte Sinologin und Kunsthistorikerin.

Die Rituale des Gottesdienstes sind für die 58-Jährige wie „eine Art Meditation. Dabei werde ich geerdet, komme bei mir an und kann mich danach besser konzentrieren.“ Am liebsten hätte sie gern noch mehr Weihrauch und liturgische Gesänge, „das vermisse ich hier in Hamburg. In München, woher ich komme, ist der katholische Gottesdienst viel emotionaler und feierlicher.“ Dabei war sie damals, als sie noch in Bayern wohnte, gar keine regelmäßige Kirchgängerin, und auch ihre Eltern – die Mutter ist Protestantin, der Vater Katholik – haben sie kaum religiös geprägt. Die Taufe gehörte zwar als Selbstverständlichkeit zu ihrer Kindheit, aber auch die Tatsache, dass der spätere Papst, Kardinal Ratzinger, sie in der St.-Ludwig-Kirche in München-Altstadt firmte, beeindruckte sie erst im Nachhinein.

Ihre Kindheit bezeichnet sie als „herrlich behütet“. Alexandra von Rehlingens Vater stammt aus einem Augsburger Patriziergeschlecht, das bis 1250 zurückreicht, und war Ahnenforscher, ihre Mutter Dolmetscherin, „die nach der Trennung meiner Eltern sehr viel arbeitete“. Deswegen wuchs das Einzelkind Alexandra vor allem bei der Großmutter auf, einer emanzipierten Frau mit klarem Wertesystem. „Disziplin, Ehrlichkeit, Fleiß, Pünktlichkeit und Respekt sind die Tugenden, die meine Großmutter mir vermittelt hat“, sagt die Vegetarierin und macht damit deutlich, dass dies die Werte sind, an denen sie sich und andere nach wie vor misst. Sie ist zwar Waldorfschülerin gewesen und sehr liberal aufgewachsen, doch Alexandra von Rehlingen ist heute eine bekennende Konservative. „Das heißt, dass ich auf gutes Benehmen, anständige Kleidung achte und nicht jeden duze. Wer bei mir zu Hause lecker oder geil sagt, ist unten durch“, sagt sie lächelnd, während sie im grünen Tee rührt. Natürlich ist der ohne Zucker. „Es ist Fastenzeit, die halte ich ein.“

Die Süddeutsche mag zwar konservativ in manchen Ansichten sein, doch ihr Frauenbild und ihr Verständnis von der Rollenverteilung in der Familie sind definitiv modern. Alexandra von Rehlingen ist eine Karrierefrau und lebt genau wie ihre Mutter und Großmutter vor, dass sich Kinder und Beruf bestens miteinander vereinbaren lassen. Vier Kinder – zwei Mädchen und zwei Jungen – hat sie mit dem Hamburger Medienanwalt Matthias Prinz bekommen. Und, wie sie sagt, keine Woche nach den Geburten ihre Arbeit unterbrochen. Schließlich ist sie selbstständig und muss für ihre Kunden – Luxusmarken wie Montblanc, Etro, Ferragamo oder Karl Lagerfeld – ständig erreichbar sein. „Aber mein Büro und das Wohnhaus sind ja ganz nah beieinander, da konnte ich auch schnell nach Hause kommen, wenn die Kinder mich brauchten. Ich war so zumindest oft physisch anwesend“, sagt sie.

Nach Hamburg kam sie ursprünglich durch ihren ersten Mann, den Pianisten und Dirigenten Justus Frantz, den sie 1980 als 21-jährige Studentin bei einem Konzert in München kennenlernte und für den sie später die Organisation des Schleswig-Holstein Musik Festivals mit übernahm. Das waren ihre ersten Schritte in die Public-Relations-Welt – „eigentlich wollte ich Kunsthändlerin werden“. Sechs Jahre später gründete Alexandra von Rehlingen mit ihrer Freundin Andrea Schoeller die PR-Agentur Schoeller & von Rehlingen, zunächst in München. 1988 zog sie zurück nach Hamburg, wo sie Matthias Prinz traf.

Kirchlich hat sie beide Male nicht geheiratet. Doch alle vier Kinder, der jüngste Sohn ist 14 Jahre alt, wurden getauft, gingen auf die katholische Grundschule, die beiden Älteren machten Abitur auf der Sophie-Barat-Schule. Sie bekamen ihr eigenes Gebetbuch und gingen, als sie klein waren, mit ihrer Mutter regelmäßig in den Gottesdienst. Inzwischen kommen jedoch nur noch der Jüngste und der Zweitälteste freiwillig sonntags mit in die Kirche, und man merkt ihr an, dass sie das ein wenig stört.

Denn Alexandra von Rehlingen ist das öffentliche Bekenntnis zu ihrem Glauben sehr wichtig: „Ich werde immer katholischer, seit ich in der Diaspora lebe und es um mich herum immer gottloser wird. Der Glaube gibt mir Halt in einer haltlosen Welt.“ Er war es auch, der sie zuversichtlich sein ließ, als ihr Mann vor dreieinhalb Jahren einen Herzstillstand erlitt – beim gemeinsamen Joggen um die Alster. Matthias Prinz kam in die Asklepios Klinik St. Georg. Er war bewusstlos und es bestand kaum noch Hoffnung für ihn. „Doch der Kardiologe Prof. Kuck hörte nicht auf, ihn zu reanimieren.“ Ihm verdankt Prinz sein Überleben. In den ersten kritischen Wochen betete Alexandra von Rehlingen jeden Tag im Mariendom für die Genesung ihres Mannes. „Gott und meine Kinder waren in dieser Zeit mein Anker“, sagt sie. Und die Tatsache, dass ihr Mann wieder arbeiten kann, hat sie in ihrem Glauben an Gott weiter bestärkt.

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