Kirche

Biblisches aus dem eigenen Garten

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Oliver Spies

Die Gemeinde der Trinitatiskirche in Rahlstedt züchtet erfolgreich Kräuter und Obstpflanzen , die in der Heiligen Schrift erwähnt werden

Natürlich wäre es einfacher, die Feigen im Supermarkt zu kaufen. Sonnengereift aus biblischen Gegenden. Vermutlich wären solche Früchte aus Israel oder Palästina auch günstiger. Aber für Johannes Calliebe-Winter ist das keine Alternative. Der Rahlstedter Pastor will warten, bis die beiden Stauden im Bibelgarten rund um die Trinitatiskirche Früchte tragen. Das wird noch etwas dauern, denn die Pflanzen haben gerade ihren ersten Winter überlebt. „Dennoch freue ich mich schon auf die erste Ernte und das gemeinsame Essen. Schließlich schmeckt alles aus dem eigenen Garten doch besonders“, sagt Calliebe-Winter.

Anderes im Rahlstedter Bibelgarten dagegen dürfte bereits in diesem Jahr blühen: sicherlich die vier Apfelbäume, der Nuss- und vielleicht sogar der Olivenbaum, die Johannisbeere und einige Kräuter ganz sicher. „Alles, was wir gepflanzt haben, hat einen biblischen Namen oder ist in der Bibel erwähnt“, erklärt Calliebe-Winter. Der Maulbeerbaum zum Beispiel, den Jesus in einem Gleichnis vom Senfkorn zitiert (Lukas-Evangelium Kapitel 17): „Der Glaube, selbst klein wie ein Senfkorn, vermag es dennoch, diesen mächtigen Baum mit gewaltigem Wurzelwerk der Erde zu entreißen.“ Aus den Früchten werden Säfte und Konfitüren gemacht. Maulbeersirup soll bei Fieber und Kreislaufstörungen gut sein. In Rahlstedt hat der Baum zwar erst ein zartes Wurzelwerk, dennoch macht er die biblische Geschichte bereits anschaulicher, greifbarer.

Die Idee zu dem Bibelgarten entstand auf Fahrten ins Schleswiger Bibelzentrum. Dort holte man sich Anregungen, welche Pflanzen auch in Norddeutschland gedeihen können. Der Gartenspezialist vom Friedhof entwarf einen Plan zur Umgestaltung der großen Beete zwischen Gemeindehaus und Kirche. Gemeindeglieder spendeten Pflanzen, Ehrenamtliche packten mit dem Spaten an und jäten seither auch Unkraut. Kleine Schilder wurden entworfen und stehen nun mit botanischen Erklärungen samt Zitaten aus der Bibel neben den verschiedenen Pflanzen. Die Resonanz in der Gemeinde ist groß: „Ob Taufgesellschaften, Konfirmanden oder Passanten – viele bleiben interessiert stehen und lesen die Tafeln aufmerksam durch“, so Calliebe-Winter, der sich freut, dass dieser „missionarische Ansatz“ auch aufgeht. Zur Geltung kommt dies auch, wenn der eigene Anbau verzehrt wird: So konnte die erste Ernte der schnell wachsenden Minze bereits zur offiziellen Einweihung am vergangenen Reformationstag für den Hugo zum Anstoßen benutzt werden. Minze wird neben Dill und Kümmel im Matthäus-Evangelium (Kapitel 23) erwähnt.

Für dieses Jahr haben die Bibel-Gärtner bereits die Hoffnung, Speisen mit selbst gezogenen Gewürzen zu verfeinern. Denn Essen hat eine große Bedeutung in der Gemeinde. „Gemeinsame Mahlzeiten sind für viele Menschen um unseren Kirchturm nicht selbstverständlich“, sagt Calliebe-Winter. Gerade bei den Konfirmanden beobachte er, wie sie es genießen, sich an einen gedeckten Tisch zu setzen, gemeinsam zu beginnen und aufzuhören, zu teilen und zu entdecken, dass genug für alle da ist. Aber auch Alleinstehende oder Menschen mit schmalem Geldbeutel lädt die Gemeinde immer wieder ein. Für den Pastor gehört das Essen und Trinken selbstverständlich zur Gemeindearbeit dazu: „Jesus hat ständig und überall mit Menschen gegessen: unterwegs, am Berg, am Ufer, bei Fremden und Vertrauten. Es war sehr häufig während des Essens, dass ein Gespräch über Gott und die Welt, Hoffnungen und Sorgen aufkam.“

Ob bis zum Herbst die zwei Rebsorten so viele Trauben tragen werden, um einen eigenen Wein zu keltern, glaubt Calliebe-Winter nicht. Aber doch, dass es genügend Reben geben wird, damit im Erntedank-Gottesdienst alle eine Traube beim Abendmahl bekommen.

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