Zwölfter Teil der Gesundheitsserie. Ausleitende Verfahren - Schröpfen, Aderlass und Blutegel erleben eine Renaissance.

Hamburg. Zugegeben: Die meisten "ausleitenden Verfahren" erinnern sehr ans Mittelalter. Tatsächlich aber haben diese Therapien, die bis ins 19. Jahrhundert die Grundlage der abendländischen Krankheitslehre waren, eine Wiederauferstehung erfahren. Sie sind jetzt fester Bestandteil der alternativen Medizin. Und nicht nur das: Blutegel und Schröpfglocken werden zunehmend auch in der Schulmedizin verwendet, ihre Wirksamkeit ist mittlerweile wissenschaftlich belegt. Doch zu diesen Behandlungsformen gehören auch weniger spektakuläre Methoden wie Schwitzkuren und Heilfasten, Entwässern und Entschlacken.

"Ausleitende Verfahren werden eingesetzt, um Schadstoffe auszuscheiden, eine Harmonisierung der Blutzusammensetzung zu erreichen und die Selbstheilungskräfte des Körpers zu aktivieren", erklärt die Hamburger Heilpraktikerin Beate Kammigan. "Homöopathische Medikamente, Tees oder Pflanzenextrakte eignen sich perfekt dafür, den Körper zu entschlacken und entgiften", sagt sie. "Sie wirken anregend auf unsere Ausleitungsorgane Leber, Darm, Niere, Haut und Lymphe." Gerade Leber und Darm brauchten unsere Unterstützung, weil sie für ein funktionierendes Immunsystem besonders wichtig seien: Die Aktivität der Leber könne man mit einem abendlichen warmen Wickel anregen, die des Darms zu Beginn der Entgiftung mit einem Einlauf - zum Beispiel mit Kaffee. In Kombination mit weiteren naturkundlichen Therapien werde das Immunsystem danach wieder aufgebaut und unterstützt. "Auf diese Weise habe ich schon bei Neurodermitis, Allergien und Schuppenflechte gute Behandlungserfolge erzielen können", berichtet die Heilpraktikerin.

Doch auch ohne akute Beschwerden sollte man seinen Körper zweimal im Jahr entgiften. Dadurch, so Kammigan, könne er sich von Schwermetallen und Umweltgiften befreien, aber auch von den Stoffwechsel-Endprodukten des Alkohols, des Zuckers und der Medikamente, die wir zu uns nehmen.

Unterstützend bei der medikamentösen Ausleitung kann das Schröpfen wirken, das Beate Kammingan vorrangig "trocken", also unblutig ausführt. Dazu setzt sie Schröpfglocken auf die entsprechenden Dermatome. Das sind wissenschaftlich untersuchte Gebiete am Rücken, die, ähnlich wie an Ohren und Fußsohlen, jeweils für unterschiedliche Organe "zuständig" sind. Durch Gas, das sie einströmen lässt, und eine Flamme, die den Sauerstoff entzieht, erzeugt sie in den Gefäßen einen Unterdruck. Dadurch wird die Haut beim Ansetzen des Schröpfkopfes so stark in das Glas hineingezogen, dass im Gewebe kleine Einblutungen entstehen. Diese Reizungen wirken stimulierend. Sie beschleunigen den Bindegewebsstoffwechsel, tragen zur vermehrten Bildung von weißen Blutkörperchen bei und steigern so die Abwehrkräfte.

Zur Behandlung von Arthrose, Krampfadern, Bluthochdruck und Tinnitus kommen Blutegel zum Einsatz. "Die eignen sich auch prima zur Behandlung eines akuten Hörsturzes", sagt sie.

Doch die sechs bis zwölf Zentimeter langen Schmarotzer sind nicht jedermanns Sache: "Selbstverständlich ist diese Behandlungsmethode gewöhnungsbedürftig", gibt auch die Heilpraktikerin unumwunden zu, "doch wenn Patienten schon lange Beschwerden haben und Medikamente nicht mehr helfen, überwinden sie sich."

Für viele Patienten ist der saugende Egel dann tatsächlich die Rettung. Und Behandlungserfolge, vor allem bei Arthrose, sind inzwischen sogar wissenschaftlich erwiesen (siehe auch das Interview auf dieser Seite).

Eine Blutegeltherapie dauert inklusive Vor- und Nachsorge bis zu vier Stunden. "Die Egel saugen bis zu zwei Stunden und nehmen jeder bis zu acht Milliliter Blut auf", sagt die Heilpraktikerin. Hinterher wird die Wunde locker verbunden, denn ein Nachbluten - bis zu 40 ml Blut - ist ausdrücklich erwünscht. Die Blutegel haben mit dem Einsatz den Sinn ihres Lebens erfüllt. Sie werden vernichtet.

Morgen lesen Sie:

13. Folge: Bioenergetik stärkt die Lebensenergie auf vielfältige Weise. Ziel ist die energetische Balance und die Lösung von Blockaden im Körper.