Harburg. Der erste fröhlich laute Willkommensgruß bei der Neujahrsparty des Harburger Turner-Bundes (HTB) galt keinem der zahlreichen Ehrengäste. Auch keinem erfolgreichen Sportler und auch nicht Vereinspräsident Claus Ritter am Rednerpult. Die Frauen und Männer im Saal hießen Anna willkommen, das wahrscheinlich zukünftige HTB-Mitglied, das vor genau sechs Stunden mit seinem ersten Schrei die Welt begrüßte. Der HTB-Präsident hielt schon ein Foto von seinem jüngsten Enkelkind hoch und eröffnete stolz lächelnd seine Neujahrsansprache mit dem Versprechen: „Für Anna gebe ich einen aus.“
Herzlicher und zukunftsweisender hätte der Harburger TB nicht in das Jahr seines 150-jähriges Bestehen starten können. Deshalb begrüßte Claus Ritter auch Peter Sielaff, den Kollegen von der anderen Straßenseite, ganz besonders. Denn die Turnerschaft Harburg mit Peter Sielaff an der Spitze hat als Gründungsjahr ebenfalls 1865 im Vereinsnamen. „Da wir den gleichen Ursprung haben“, verkündete Claus Ritter, „werden wir auch das Jubiläum teilweise gemeinsam feiern.“ Vor allem den großen Empfang im Harburger Rathaus am 4. September und einen Tag später das Jubiläumssportfest auf den Anlagen beider Vereine am Vahrenwinkelweg. Der HTB lädt zudem für den 25. April zum „Tag der offenen Tür“ ein. Auch die Ausrichtung der deutschen Straßenmeisterschaft der Radsportsenioren am 5. Juli gehört zum Jubiläum.
„Der Gemeinschaft dienen und Freundschaften pflegen!“ Unter dieses Motto, das beim HTB auch nach 150 Jahren lebendig geblieben ist, stellte Vizepräsident Klaus Buchholz seine Festrede. Er blickte auf das Jahr 1865 zurück. „Dabei wird deutlich, wie sehr die Körper- und Bewegungskultur von den sich verändernden gesellschaftlichen Werten und Normen abhängen. Turnen war damals auf Volkserziehung und militärische Wehrhaftigkeit ausgerichtet und Teil der deutschen Nationalbewegung. Und damit untrennbar mit den Vorstellungen des Obrigkeitsstaates verbunden. `Die Turner, Sänger und die Schützen, das sind des Reiches Stützen`, hieß es vor 150 Jahren.“
Der kurze Rückblick machte jedem im Saal bewusst, wie gewaltig die gesellschaftlichen Umbrüche in den zurückliegenden Jahrzehnten waren und bis heute sind. „Im Umfeld unserer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft hat sich der HTB zum vielseitigen Sportanbieter und zu einem sozialen Dienstleister entwickelt, der sich auch um Integration und Inklusion bemüht“, sagte Klaus Buchholz, „bei allem Wandel hat die Förderung und Pflege des Zusammenhalts in unserer Vereinsfamilie über 150 Jahre eine bemerkenswerte Beständigkeit. Hierbei spielen unsere Bundesvereinigungen eine entscheidende Rolle, die es so wohl in keinem anderen Verein gibt.“ Bereits 1895 schlossen sich acht Turner zur ersten Bundesvereinigung unter der Maßgabe zusammen: „Erste und höchste Pflicht unserer Gemeinschaft ist die Wahrnehmung der Interessen des HTB stets und überall in Haltung, Tat, Wort und Schrift.“ Die Wortwahl mag sich verändert haben, der Grundgedanke ist frisch und lebendig geblieben. Aus den einzelnen Bundesvereinigungen, die ein Eigenleben innerhalb des Vereins pflegen, rekrutiert sich meist das Führungsteam für die 2220 Mitglieder. Aktuell gibt es 13 dieser Bundesvereinigungen.
Wie aktuell noch immer ist, was Klaus Buchholz in seinem Rückblick gelobt und beschworen hatte, zeigte sich, als die Schatzkiste im Saal rund ging. Mit der werden jedes Jahr Spenden gesammelt. Diesmal zur Unterstützung von Flüchtlingskindern in Harburg. Als sich in der Pause Volker Rühe, der frühere Verteidigungsminister und Thea Bock, die kämpferische Mitbegründerin der GAL und einst Turnmädchen bei der Turnerschaft, freundschaftlich umarmten, leerte im Hintergrund HTB-Geschäftsführer Torsten Schlage den Sammelkasten. Und Claus Ritter verkündete: „Für die Kinder der Flüchtlinge sind 1090 Euro zusammengekommen. Danke.“
Jürgen Mantell, der neue Präsident des Hamburger Sport-Bundes, nutze die Gelegenheit, um für die Olympischen Spiele in Hamburg zu werben. „Von den Kritikern, auch aus unseren Reihen, wird oft behauptet, da werden Milliarden für Olympia ausgegeben und der Breitensport fällt hinten runter. Das Gegenteil ist der Fall. Die Olympischen Spiele würden unseren 800 Vereinen deutlichen Auftrieb geben. Deshalb mein Appell: Gewinnen sie Verwandte und Freunde für diese großartige Idee – wir Hamburger wollen Olympia!“ Im Saal wurde kräftig applaudiert, um dann die erfolgreichsten HTB-Sportler zu ehren. Unter den sechs Hamburger Meistern der Karateabteilung gehörte auch Marlene Herzig, die Fünfte bei den deutschen Meisterschaften wurde. Als deutsche Vizemeisterin im leichtathletischen Fünfkampf bekam Tanja Hecht viel Beifall. In der Altersklasse W40 war sie bei den nationalen Titelkämpfen nur von Tatjana Schilling besiegt worden, und die ist in dieser Disziplin amtierende Weltmeisterin. Als Mannschaft des Jahren liefen die Fußballer der B-Jugend im Festsaal ein. In der Hamburger Verbandsliga steuert der HTB-Nachwuchs mit sieben Punkten Vorsprung die Meisterschaft an. Über den Hamburger Pokalsieg der B-Junioren mit dem 2:1 über Eintracht Norderstedt jubelte Präsident Claus Ritter ins Mikrofon. „Da wurde zusammen gestanden und gesungen. Das war mal wieder richtiges HTB-Feeling auf der Jahnhöhe.“
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