Jochen Holzschuh aus Mönchengladbach gewinnt fünf Rennen in Stove, nur der Große Preis geht nach Holland

Stove. „Noch 30 Meter, jetzt noch 20 Meter. Kopf an Kopf. Was für ein Finish, Wahnsinn, einfach Wahnsinn.“ Die Rufe dringen durch die Bäume und dröhnen über die Wiesen, die mit Autos überfüllt sind. Die bunten Sonnenschirme auf dem Deich, Liegestühle, kleine Zelte, die dicht gedrängte Reihe der Menschen. Unten, im grünen Oval der Rennbahn, die Bier-, Wurst- und Pommes-Buden. Familien, die Stühle und Tische für ihr Picknick aufgestellt haben. Mitten drin in dieser Landparty das bunte, schreiende, tobende Spiel-Paradies für Kinder. Und natürlich immer wieder Menschenschlangen vor den Totokassen. Das Stover Rennen 2014 ist ein Fest für Ausflügler und Pferdefreunde mit 140 Jahren Tradition. Ein Volksfest am Deich mit ganz besonderen Höhepunkten.

Es sind die dramatischen Entscheidungen auf der Zielgeraden und die mitreißend und leidenschaftlichen Schilderungen über Lautsprecher, die für diese einmalige Stimmung sorgen. Das eigentliche Herzstück in Stove aber sind die Freudensprünge, Umarmungen, Küsschen und Freudentänze derer, die eine Wette getroffen haben.

Die Frau vorne an der Umzäunung der Rennbahn streckt die Hand mit ihrem Tippschein in den Himmel und ruft: „Ich habe gewonnen.“ Sie nimmt ihre Nachbarin in die Arme, lacht, nimmt Glückwünsche entgegen. Eine Expertin, eine Kennerin des Rennsports? Sandra Weitz kommt aus Wolfsburg, ist zu Besuch bei Freunden in Tespe. Ihren Tipp hat sie für das Rennen zehn abgegeben. „Reitpferde Galopp“, wird es im Programmheft angekündigt. „Ich habe die Dreier-Wette getroffen“, sagt die Gewinnerin. Nach welchen Überlegungen und Informationen sie Sieger, Zweit- und Drittplatzierten ausgewählt habe? Sandra Weitz lacht: „Ich habe die Pferde mit der Nummer 6, 7 und 8 angekreuzt. Da habe ich doch richtig gezählt, oder?“ So einfach lässt sich das Glück auf der Rennbahn einfangen. Die Siegerin mit der Nummer sechs war Vievien Korbus mit dem 15-jährigen Wallach Scambambuly. Die beiden waren schneller als Eric Rambow mit Saphira Rose und Jay Line Page mit Schattenlady. Die Dreierwette brachte der Besucherin aus Wolfsburg 18,50 Euro ein, bei fünf Euro Einsatz.

Es sind gar nicht die großen Gewinne, die den Ausflüglern in Stove den Spaß bringen. Viele, die da über dem Rennprogramm und ihren Wettscheinen grübeln, treffen ihre Wahl aus dem Bauch heraus. „Ich habe im siebten Rennen Sugar Max auf Sieg gewettet“, erzählt die Frau aus Bergedorf, die ihren Namen nicht preisgibt, „Der Namen des Pferdes hat mir am Besten gefallen“. Seit 20 Jahren schon, erzählt die Tipperin mit dem eigenwilligen System, seien sie und ihr Mann Stammgäste in Stove. „Die Atmosphäre und die ganze Stimmung hier, wir freuen uns immer wieder darauf.“ Sieger im siebten Rennen wurde Amateurfahrer Dennis von Holdt mit Othello Jaycee aus Neu Wulmstorf. „Setz das nächste Mal Jochen Holzschuh auf Sieg“, riet ihr Mann „der gewinnt doch alles.“

Auf insgesamt 14 Rennen konnte gewettet werden. Zehn davon waren Trabrennen. Jochen Holzschuh aus Mönchengladbach gewann fünf Rennen, also die Hälfte. „Ich kann mich nicht erinnern“, so Sprecher Jan von Witzleben, „dass das einem anderen Fahrer schon einmal gelungen ist.“

Auch der Große Preis von Stove, der sportliche Höhepunkt des Renntages, sah so etwas wie einen Seriensieger. Er war in diesem Jahr zum Gedenken an Jörn Reimers ausgeschrieben, den langjährigen Geschäftsführer des Stover Rennvereins, der zu Beginn des Jahres freiwillig aus dem Leben schied.

Bereits 2011 und 2012 hatte Sjoered von der Galien, ein Rechtsanwalt aus Holland, mit Automatic Frisia den Großen Preis gewonnen. Diesmal saß sein Bruder Eddy van der Galien im Sulky. Und der lenkte Frisia zum dritten Sieg. Zweiter wurde Dennis von Holdt erneut mit Othello Jaycee, der Manfred Walter mit Le Carolus auf den letzten Metern noch abfing und Dritter wurde.

Das 140. Stover Rennen, das erste nach mehr als 20 Jahren ohne Jörn Reimers, war für den Vorstand ein vorsichtiger Neubeginn. Erschwerend kam der aufziehende Regen dazu, ein kurzer, aber heftiger Gewitterregen am Nachmittag und auch noch die Konkurrenz des WM-Finales in Brasilien. „Wir hatten nur etwa 5000 zahlende Zuschauer“, zog Günther Porth, der Vorsitzenden des Stover Rennvereins, erste Bilanz. „Der Wettumsatz betrug 111.000 Euro. Insgesamt haben wir in diesem Jahr wohl ein Minus gemacht. Aber im nächsten Jahr werden wir das Kinderprogramm ausweiten, die Bewirtung neu organisieren und auch wieder Showrennen ins Programm aufnehmen. Es wird jedenfalls das 141. Stover Rennen geben, am 19. Juli 2015.“