Der Hamburger Schleppjagdverein feiert sein 90-jähriges Bestehen und lädt zur Jagd mit der Foxhound-Meute

Salzhausen. Wenn der Hamburger Schleppjagd-Verein seine „lieben Mitglieder und Freunde der Roten Jagd“ einlädt, um den 90. Jahrestag der Vereinsgründung zu feiern, werden freundlich launige Reden gehalten und bei Ehrungen applaudiert. Die eigentlichen Stars der Veranstaltung auf Gut Schnede bei Salzhausen aber sind alle von besonderem Adel. Ihre Stammbäume reichen bis zu 200 Jahre zurück. Englische Foxhounds, kraftvoll, schnell und mit hervorragenden Nasen. Berühmter Hundeadel, gezüchtet und trainiert für die Jagd mit der Meute.

Als Jens Möllering, der Master hoch zu Ross im roten Rock, ins Huntinghorn blies, war das Schauspiel der Schleppjagd eröffnet. Die Mitglieder und ihre Gäste wurden ganz still. Es ist immer wieder ein faszinierendes und fesselndes Erlebnis, wenn die aufgeregten Hunde, vom Master und seinen berittenen Helfern, den Pikören, unter Kontrolle gehalten, die Schleppe aufnehmen und die ausgelegte Geruchsspur verfolgen. Das schnellste Tier mit der besten Nase und höchsten Autorität im Rudel übernimmt die Spitze. Der Kopfhund, wie es in der Sprache der Jagdreiter heißt, ist meist eine Hündin, selten ein Rüde.

Bei der Meutepräsentation zum Jubiläum durften alle Vierbeiner mitmachen, die gesund und fit für den Arbeitseinsatz waren. Das waren 38 Hündinnen und Rüden. Die Zahl wurde vom Master Jens Möllering, dem Chef der Meute, und vor allem vom Huntsman Heiko Lindner, der sozusagen mit den Hunden lebt und sie ausbildet, mit einem gewissen Stolz erwähnt. Zeigt sie doch, wie gesund und vorbildlich die insgesamt 60 Hunden auf Gut Schnede geführt und gepflegt werden. Bei dem Fest wurde auch der neu aufgebaute und modernisierte Kennel, der Zwinger für die Foxhounds, besichtigt.

Die eigene Hundemeute war und ist der Stolz des Hamburger Schleppjagd-Vereins und sie symbolisiert seine spezielle hanseatische Tradition. Die begann, so ist in der Geschichte festgehalten, im Jahre 1866. Es war ein Schicksalsjahr für das Königshaus Hannover, das seinen Krieg mit Preußen verlor. Eine der Folgen war, König Georg V musste seine Jagdhundmeute den Hanseaten aus Hamburg überlassen. „Der Untergang in Hannover“, so ist in der Chronik zu lesen, „wird zum Geburtsjahr der Vereinigung von Schleppjägern in Hamburg.“ Und damit auch zum gesellschaftlichen Vorboten einer neuen Zeit. Denn Jagden, besonders hoch zu Ross, waren über Jahrhunderte ein Privileg des Adels und der Herrschaftshäuser. Man muss wohl nicht sonderlich betonen, wie sehr die „Pfeffersäcke von Elbe und Alster“ die Jagden hinter der Meute als Symbol ihrer wirtschaftlichen Kraft und Unabhängigkeit genossen. Oft begannen diese Jagden, in dem gefangene Wildschweine oder Hirsche, sogenanntes Kastenwild, freigesetzt wurden. Seit 1934, um auch das zu erwähnen, ist in Deutschland die Jagd hinter lebendem Wild verboten.

Bei der Gründung des Hamburger Schleppjagd-Vereins im Jahre 1923 standen erneut die Hunde im Mittelpunkt. Die Familie Crass hatte in England Foxhounds gekauft und so der Gemeinschaft der Hamburger Jagdreiter wieder eine eigene Meute ermöglicht. „Nach dem Krieg haben die letzten paar Hunde im Gefängnis in Fuhlbüttel überlebt“, erzählt Ulrich C. Deus, der Geschäftsführer des Vereins, „da gab es wenigstens etwas Abfall als Fressen für die dürren Vierbeiner.“

Wie stark die privaten Bindungen und wie fest die gesellschaftlichen Traditionen in der Gemeinschaft bis heute verwurzelt sind, zeigte sich wieder beim 90. Jahrestag. Der erste Master, der bei der Gründung 1923 für die Hunde verantwortlich ist, hieß Georg Skowronski. Auf Gut Schnede wurde sein Sohn Wilfried als Ehrengast willkommen geheißen. Der ist 92 Jahre alt und war aus Berlin angereist. Gewürdigt wurde natürlich auch Hans Giele, genauso alt wie sein Verein, in dem er Ehrenpräsident und Ehrenmaster ist.

Heute zählt der Hamburger Schleppjagd-Verein rund 250 Mitglieder. „Von denen sind etwa die Hälfte aktive Jagdreiter“, sagte Ulrich Deus, der selbst seit 40 Jahren im Sattel sitzt und an die 30 Jagden in der Saison reitet. Erstmals in diesem Jahr wagten die Freunde der Roten Jagd einen öffentlichen Ausritt mit der Meute während der Galopp-Derby-Woche in Hamburg-Horn. „So ein Jagdrennen vor 10.000 Zuschauern“, bekennt Ulrich Deus, „haben wir vorher nie gewagt. Es hätte ja etwas passieren können, ein Sturz, ein totes Pferd, ein schwerverletzter Reiter. Um nicht in der Öffentlichkeit angegriffen zu werden, haben wir uns zurückgehalten.“

Warum sie sich doch auf die große Bühne beim Galoppderbys wagten? „Weil zum einen die Pferde in unserem Sport viel, viel besser geworden sind“, sagte der Mann, der mit fast 70 Jahren gelegentlich bei drei Jagden in der Woche vorneweg prescht, „zum anderen sind die Reiter besser geübt und vorbereitet und auch die festen Hindernisse sind inzwischen viel klüger auf die Pferde ausgerichtet. Die Jagdreiterei ist so sicher geworden, dass wir unseren Auftritt beim Derby gewagt haben.“

An ihrer Tradition halten die Mitglieder des Hamburger Schleppjagd-Vereins mit ihren Gästen ohnehin fest. Am 26. Dezember wird die 26. Weihnachtsjagd rund um Sudermühlen veranstaltet. Stelldichein ist um 11 Uhr auf dem Hof Sudermühlen - die Foxhound-Meute natürlich vorneweg.