Seit drei Generationen wird in der Familie Detlefs getanzt. Die Jüngsten starten bei den Formationsmeisterschaften

Buchholz. Zum ersten Mal in der Geschichte des Tanzsportkreises (TSK) im TSV Buchholz 08 hat sich das A-Lateinteam für die deutschen Meisterschaften im Formationstanzen qualifiziert, die an diesem Sonnabend in der Volkswagenhalle in Braunschweig ausgetragen werden. Für die Familie Detlefs aus Harburg wird die Busreise zu diesen Titelkämpfen wieder einmal zum Familienausflug. Mit dabei Hans-Reimer Detlefs, der Senior, Tochter Sabine Kubitz mit Ehemann Arne und deren Bruder Carsten mit Frau Astrid. Die Zwillinge der beiden, Jasmin und Michele, reisen allerdings nicht mit dem Familien-Clan, der vom Opa angeführt wird. Die beiden jungen Damen gehören seit Jahren zur Buchholzer A-Formation und haben mit zur Erfolgsgeschichte beigetragen und setzen die Familientradition fort. Und die ist wohl einmalig in der Geschichte des Formationstanzes in Deutschland, der bis heute mit den amtierenden Weltmeistern im Standard und Latein das internationale Niveau bestimmt.

Begonnen hat die Familiengeschichte in der Tanzschule Stöver an der Hamburger Moorweide. Gertrud Detlefs, mit 86 Jahren noch immer temperament- und humorvoller Mittelpunkt des Tanzsport-Clans, erzählt davon, als sei es gestern gewesen. Auf dem Tisch stapeln sich Tanzfotos ihrer Kinder und noch mehr von den Enkeln. Man muss gar nicht fragen, wer da vor 66 Jahren wen zum Foxtrott aufgefordert hat. „Damenwahl“, sagt Gertrud Detlefs, „natürlich habe ich mir den feschesten Jungen ausgesucht. Er hat mir oft auf die Füße getreten.“ Ehemann Hans-Reimer kontert. „Aber die Damen waren immer glücklich, wenn ich sie aufforderte, haben mir Komplimente gemacht.“ Und auch der Senior lächelt.

Man muss fast 70 Jahre später daran erinnern, um nachvollziehen zu können, mit welcher Leidenschaft sich die jungen Menschen nach dem Krieg ins Leben stürzten. „Wenn sonntags in der Heitmann’s Höhe getanzt wurde, stand ich mit Schulfreundinnen schon eine Stunde vorher vor der Tür“, sagt Gertrud Detlefs. Die beiden, sie Postbeamtin, er mehr als 30 Jahre bei Siemens, haben 1953 geheiratet und in diesem Jahr ihre Diamantene Hochzeit gefeiert. Sohn Carsten, zunächst Fußballtorwart bei Borussia Harburg, war von Astrid, seiner Sandkastenliebe (so die Mutter), aufs Tanzparkett gelockt worden. Die beiden gehörten zu den Tanzpaaren, mit denen Evelyn und Wolfgang Opitz beim TTC Harburg die ersten Formationen aufbauten. Im Waldorf Astoria in New York wurde 1973 die erste Weltmeisterschaft ausgerichtet. Astrid und Carsten Detlefs kehrten als Vize-Weltmeister mit der Lateinformation zurück. Die Standardformation wurde als Weltmeister in einem Auto-Korso durch Harburg chauffiert.

„Als ein Jahr später eine Tänzerin ausfiel“, erzählt der Senior, „hat Carsten zu Wolfgang Opitz gesagt, ich habe eine Schwester, die ist aber erst 15 Jahre alt.“ Mit den Tanzgenen der Mutter erkämpfte sich Sabine schnell einen Stammplatz in der Harburger Lateinformation. Zwei Jahre später, als 17-Jährige mit Tanzpartner Jörn Jepsen, heute internationaler Wertungsrichter, wurde sie mit der Formation Europameister. Später mit Tanzpartner Kai Flatau auch Hamburger Einzel-Meister in der höchsten S-Klasse.

Schon in den 1970er-Jahren waren Gertrud und Hans-Reimer Detlefs ihren Kindern im VW-Käfer zu den Turnieren in Deutschland gefolgt. „Unseren Sohn und seine Astrid haben wir das erste Mal in der Bremer Stadthalle gesehen“, sagt der Senior, der mit rund 160 DVD‘s die Erfolge der Kinder und Enkel verewigt hat. „Als 35 Jahre später unsere Enkelin Jasmin mit der Buchholzer Formation in der Bremer Stadthalle tanzte, saßen wir auf der Tribüne.“ Nach Jasmin hat auch Zwillingsschwester Michele den Aufstieg ins A-Team geschafft, wo sie als Ersatztänzerin auf ihren Auftritt in der Bundesliga wartet. Ob Oma Gertrud, die leidenschaftliche Gesellschaftstänzerin, gerne noch einmal in der Formation dabei sein würde? „Nein“, sagt sie, „was Jasmin und Michele leisten, hätte ich mir nie zugetraut.“