19 Vielseitigkeitspferde werden bei der 9. Top-Event-Horse-Auction in Luhmühlen versteigert. Auktionator ist Günther Friemel

Luhmühlen. Die junge Reiterin hält die Zügel fest in der Hand. Der Kopf des Pferdes ist leicht nach unten gebeugt, so dass es sich konzentrieren muss. Die beiden reiten am Rande der großen Halle von Elmar Lesch in Bavendorf. Zuerst langsam Schritt, dann lässt das Mädchen die junge Stute antraben, die beiden werden etwas schneller, wagen gemeinsam den ersten Galopp. Warmreiten, die wohl häufigste Szene in allen Reitsport-Disziplinen. Und doch, selbst ein Laie spürt, dass sich da etwas Besonderes entwickelt. Annika-Aruba, eine 17-jährige Schülerin mit einigen Erfolgen ihrer jungen Karriere, und Absolut, eine fünf Jahre alte Stute aus Lüneburg, lernen sich kennen und vertrauen.

An diesem Sonnabend, 19.30 Uhr, wird im Leistungszentrum Lühmuhlen bereits zum neunten Male die Top-Event-Horse-Auction beginnen. Es wird das erste Mal sein, dass Günther Friemel das Hämmerchen schwingt. Friedrich-Wilhelm Isernhagen, der Auktionator mit dem legendären Ruf, war im Vorjahr mit Standing ovations in den Ruhestand verabschiedet worden. „Diesmal umfasst unsere Kollektion 19 Vielseitigkeitspferde“, sagt Iris Schless, die gemeinsam mit Elmar Lesch die Top-Event-Agentur betreibt. Damit interessierte Käufer in Europa und aus den USA die talentierten und schön herausgeputzten Vierbeiner kennenlernen konnten, wurden zuerst Fotos und Videoaufnahmen gemacht und verschickt. „Aber mindestens 80 Prozent der Interessierten kommen vorher auf die Anlage von Elmar Lesch, schauen sich ihre Favoriten an und reiten auch.“

Annika-Aruba Baumgart, als 15-Jährige bereits deutsche Meisterin in der Vielseitigkeit, ist mit ihren Eltern aus Eitorf an der Sieg angereist. Vor fünf Jahren hatte die damals Zwölfjährige schon einmal in Luhmühlen vor Glück geweint. Da hatte der Vater in einem aufregenden Bieterduell das Toppferd Sarkosy ersteigert. Für Anneke Langelage, die 13-Jährige vom Reit- und Fahrverein Neuenkirchen bei Osnabrück, wird es die erste Auktion sein, bei der Vater Albin die orangenen Bietertafeln hochhalten wird. Auch für Alexandra Schwegmann, 26-jährige Studentin vom selben Verein, und ihre Mutter, wird die Auktion eine ganz neue Erfahrung sein. Jetzt versuchen die drei jungen Damen, im Sattel ihrer auserwählten Pferde herauszufinden, ob man wirklich zusammen passt. Das ist ein schwieriger Test mit vielen Gefühlen und Emotionen.

Annika-Aruba und die Stute aus Lüneburg, das war alles andere als Liebe auf den ersten Blick. Die 17-Jährige hatte sich angeschaut, wie Alexandra Schwegmann mit Absolut erste Sprünge wagte. „Die geht ja ab wie eine Rakete, habe ich gedacht“, erzählt das Mädchen, dem Pferde und Reiten so unendlich viel Freude bereiten, „deshalb wollte ich zuerst gar nicht in den Sattel.“ Diese Vorsicht hat Gründe. Im Vorjahr stürzte die deutsche U15-Meisterin beim Ausritt mit einem fremden Pferd und brach sich zwei Wirbel. Aber hier, schon nach den ersten Minuten im Sattel, bringt die Stute ihr Vertrauen entgegen. Als Elmar Lesch den ersten Sprung vorbereitet, ist da nur noch ein kurzes Zögern. Der erste Sprung aber zeigt noch keine Harmonie. „Annika“, rät Elmar Lesch, „lass die Zügel los, lass die Stute allein springen.“ Die fünfjährige Absolut zeigt Freude bei den Sprüngen. Das junge Mädchen wagt weitere Sprünge und dabei sieht man unter dem Schutzhelm, wie ihre Augen lächeln.

Für Anneke Langelage, auch sie eine typische Vertreterin der Mädchengeneration, die den Reitsport längst dominiert, ist die Auktion ein neues Erlebnis. Mit ihrem Pony Mochito war die 13-Jährige beim Bundes-Championat am Start. „Jetzt wird sie vom Pony aufs Pferd umsteigen“, erzählt Vater Albin Langelage. Die beiden haben sich die Auswahl nicht leicht gemacht. Gleich sechs oder sieben Pferde hat die junge Reiterin ausprobiert. Am Sonnabend wird sie hoffen und bangen, wenn unten in der Halle in Luhmühlen Rescope, ein achtjähriger Wallach, vorbeigaloppiert. „Der ist ein ganz ruhiger und lieber“, sagt Anneke, „der hat auch bei den Sprüngen nicht versucht, seinen Kopf durchzusetzen.“

Wie weit der Vater für Rescope bieten wird? Natürlich hat er sich, wie jeder Interessent, ein Limit gesetzt. Und auch, wie weit man, wenn es eng wird, doch darüber gehen kann. Das ist es ja, was so eine Pferdeauktion spannend und oft dramatisch macht, auch für die Zuschauer auf der Tribüne.