50 Asylbewerber sollen kommen: 250 Bürger versammelten sich im „Deutschen Haus“, um mit Vertretern der Gemeinde Klartext zu sprechen

Appel. Eine Frage bewegt das ganze Dorf: Hält der Landkreis Harburg an seinen Plänen fest, etwa 50 Asylbewerber in einem ehemaligen Wohnheim in Appel unterzubringen – oder geht er auf die Forderung der Bürger ein, das Thema „sozialverträglich“ für alle zu gestalten? Um das zu klären, kamen am Donnerstag etwa 250 Einwohner der Gemeinde ins „Deutsche Haus". Doch das Treffen endete für die Appeler ohne das erhoffte Ergebnis.

Bürgermeister Reinhard Kolkmann machte gleich zu Beginn der Veranstaltung klar: „Der Abend kann für uns nur dann ein guter werden, wenn Sie unsere Ängste und Wünsche ernst nehmen und sagen, dass der Landkreis seinen Bauantrag zurückzieht." Doch darauf wollte sich Reiner Kaminski nicht so recht einlassen. „Wir werden Ihnen heute nicht sagen, dass wir auf die Möglichkeit, die sich in Appel bietet, verzichten. Das können wir uns in der momentanen Situation einfach nicht leisten", betonte der Kreissozialdezernent. Gemeinsam mit Pressesprecher Johannes Freudewald war er stattdessen bemüht, auf der Informationsveranstaltung bei den Bürgern um Verständnis für die Problematik zu werben.

So weise das Land Niedersachsen dem Landkreis seit Jahresmitte wöchentlich etwa 20 neue Asylbewerber zu, für die zeitnah geeignete Wohnstätten gefunden werden müssten. „320 waren es bislang. Bis Herbst 2014 werden noch etwa 500 dazukommen", sagte Kaminski. Meist handele es sich dabei um Männer im Alter von 18 bis 25 Jahren.

270 Asylbewerber habe der Kreis bereits in Buchholz unterbringen können. Der Rest verteile sich auf nahezu alle Gemeinden und Städte. Die Samtgemeinde Hollenstedt habe noch keine freien Gebäude oder Flächen gemeldet. Jeder Vorschlag müsse deshalb unbedingt geprüft werden. „Bislang haben wir 180 Objekte besichtigt. Viele davon haben sich aber als nicht geeignet erwiesen", sagte Kaminski.

Ob das Appeler Wohnheim eine akzeptable Lösung bietet, sei noch nicht abschließend geklärt. „Der Eigentümer muss das Haus komplett saniert und renoviert an uns übergeben. Er ermittelt gerade den Mietpreis. Danach wird entschieden, ob das Angebot dann noch wirtschaftlich vertretbar ist." Und genau das sei auch der Grund, warum die Verwaltung die Appeler nicht schon viel früher über ihre Pläne informiert habe. „Wir wissen weder ob noch für wie viele Asylbewerber das Wohnheim bewohnbar sein wird."

Doch damit gaben sich die Bürger nicht zufrieden. Sie äußerten lautstark ihren Unmut über die Informationspolitik der Verwaltung und machten klar: 50 Asylbewerber in Appel sind eindeutig zuviel. „Im Kernort leben etwa 200 Menschen. Wenn Sie hier 50 Asylbewerber unterbringen, dann entspricht das einer Quote von 25 Prozent. Glauben Sie, dass das sozialverträglich ist?", fragte ein Zuhörer. Andere sprachen von Ghettoisierung, von unzumutbarer Massenbelegung, benannten die fehlende Infrastruktur. „Sie tragen in dieser Sache nicht nur für die Asylbewerber die Verantwortung, sondern auch für die Bürger in Appel", betonte Bürgermeister Kolkmann.

Die Gemeinde sei durchaus bereit und in der Lage, zehn oder zwölf Neubürger in ihre Gemeinschaft zu integrieren. Der Inhaber des „Deutschen Hauses" erklärte sich bereit, dafür Zimmer an den Landkreis zu vermieten. Und auch Manfred Huellen aus Regesbostel bot an, zwei seiner Gästezimmer zur Verfügung zu stellen.

Weitere Alternativen könnte es auch in Hollenstedt geben, sagte Ruth Alpers. „Die Gemeinde entwickelt derzeit zwei neue Gebiete.“, so die Grünen-Politikerin. Sie versprach: „Appel ist nicht auf sich allein gestellt."

Dass sei auch Grundgedanke einer zuvor im Samtgemeindeausschuss einstimmig verabschiedeten Resolution gewesen, die besagt, dass Flüchtlinge perspektivisch in kleinen Gruppen dezentral in allen Gemeinden und möglichst innerhalb bebauter Ortslagen untergebracht werden sollten. Der Ausschuss forderte darin zudem alle Mitgliedsgemeinden auf, den Verwaltungen ausreichend Wohnungen, Häuser oder Grundstücke zu benennen oder zur Verfügung zu stellen.

Samtgemeindebürgermeister Uwe Rennwald sagte in Appel, dass es aber nicht nur um die Frage nach Alternativen, sondern auch darum gehen müsse, wie die Asylbewerber erfolgreich eingebunden werden können. Er regte wie Olaf Koeritz von der Kirchengemeinde die Bildung eines „runden Tisches“ an.

Die Gemeinde Appel hingegen will zunächst alle Möglichkeiten ausschöpfen, sollte der Landkreis nicht von seinen Plänen abrücken. „Wir lassen von einem Rechtsanwalt klären, ob wir baurechtlich etwas machen können", sagte Kolkmann. Auch der Ankauf des ehemaligen Wohnheims sei eine Option. „Wir müsste dann aber einen neuen B-Plan aufstellen und bräuchten für die Nutzung des Grundstücks ein konkretes Konzept.“ Die Einwohner hätten bereits angeregt, an der Stelle ein Feuerwehrhaus mit Dorfgemeinschaftshaus zu bauen. „Finanziell können wir uns das leisten. Appel ist eine reiche Gemeinde. Wir haben 1,7 Millionen Euro Rücklagen. Aber das Haus dann auch mit entsprechendem Leben zu füllen, damit sich die Investition langfristig lohnt, steht auf einem anderen Blatt."

Trotz allen Unmutes, den die Diskussion um die Unterbringung der Asylbewerber geschürt habe, sieht Wolfgang Kolkmann auch einen positiven Aspekt: „So viele Menschen auf einem Haufen gibt es in Appel nicht so oft. Vielleicht belebt die ganze Diskussion am Ende ja sogar unser Dorfleben.“