Delia Benecke aus Sieversen gewinnt mit ihrem Erfolgs-Pferd Campus das Zwei-Sterne-M-Springen beim Turnier des Harburger Reitvereins.

Harburg. Unten im Tal, über dem grünen Springparcours des Harburger Reitvereins, flimmerte die Luft. Die Zuschauer hatten sich ins Zelt und an den Tischen unter die Sonnenschirme zurückgezogen. Selbst für die Helfer im Springparcours war als Schutz vor der Sonne extra ein Pavillon aufgebaut.

Das große Finale beim zweitägigen Turnier auf der idyllisch gelegenen Anlage in den Harburger Bergen musste bei 30 Grad im Schatten entschieden werden. Dabei hatten sich für das Stechen des Zwei-Sterne-M-Springens nur vier Reiter qualifiziert. Als letzte wurden über die Lautsprecher Delia Benecke und ihr Campus aufgerufen.

Zuvor hatte die junge Sportlerin auf dem Abreiteplatz bereits mitbekommen, dass Paula de Boer und auch Florian Böhner je einen Abwurf und damit vier Fehlerpunkte hinnehmen mussten. Delia Benecke hatte auch das Scheppern der Stangen vernommen, als Julian Goldmeier mit seinem Franklin in ein Hindernis stürzte. Aber dass ihr Vereinskollege vom Reit- und Fahrsport Sieversen, nachdem er und sein Pferd wieder auf den Beinen waren, sich noch immer schmerzhaft das Gesicht hielt, hatte sie nicht sehen können.

Die 24-Jährige aus dem nahen Elstorf konzentrierte sich auf die letzten sechs Hindernisse mit sieben Sprüngen. "Sie kann sich Zeit lassen", kommentierte ein älterer Herr. "Und muss doch schnell genug sein, um auch dann zu gewinnen, falls sie das letzte Hindernis reißt", ergänzte sein Nachbar. Nur Sekunden später applaudierten die beiden mit allen anderen Zuschauern. Delia Benecke und ihr 14 Jahre alter Campus hatten als einzige im Stechen alle Hindernisse souverän gemeistert.

Der Sieg im Zwei-Sterne-M-Springen war nicht der einzige Triumph der Tiermedizinischen Fachkraft und ihrer vierbeinigen Dauerliebe bei diesem Turnier, das mit mehr als 1000 Nennungen Wochen vorher schon ausgebucht war. Am ersten Tag hatten die beiden die zweite Abteilung eines M-Springens dominiert. Dabei hatte Campus gezeigt, wie wendig er ist und wie schnell er galoppieren kann. Delia Benecke und Campus waren in 55.95 Sekunden fast zwei Sekunden schneller als Julian Goldmeier und Franklin, die Zweitplatzierten. Sie waren sogar sieben Sekunden eher im Ziel als Sabrina Blazeczak (RFV Meckelfeld) auf Veritas, die Siegerin in der ersten Abteilung. Delia Benecke und ihr Campus, das ist so eine Herzensgeschichte, wie sie im ländlichen Reitsport selbst auf dem mittleren Leistungsniveau, den M-Prüfungen, immer seltener werden. Als Vater Willi Benecke beschloss, als Tierarzt (betreibt seine Praxis mit seiner Frau in Elstorf) nicht nur Pferde zu heilen, sondern als Privatmann auch welche zu züchten, war Campus sein erster Zuchterfolg. Als der drei Jahre alt wurde, war es Tochter Delia, die ihn in ihre Obhut nahm. Das Mädchen war 13 Jahre alt, als sie begann, mit Campus eine Vertrautheit und Freundschaft aufzubauen und mit ihm Turniererfolge zu sammeln. "Er hört schon mein Auto, wenn ich in Daerstorf, wo unsere neun Pferde stehen, auf den Hof fahre", erzählt die 24-Jährige, die in der elterlichen Praxis mitarbeitet. "Er streckt dann den Kopf heraus und begrüßt mich aufgeregt wiehernd. Campus schmust gerne und strahlt so eine Herzlichkeit aus. Es gibt eigentlich keinen Tag, an dem wir uns nicht sehen und an dem ich ihn nicht reite." Die beiden Siege in den M-Springen waren für die beiden die Erfolge Nummer neun und zehn in dieser Saison. "Sportlich", sagt Delia Benecke, "ist mein Campus auf dem Höhepunkt."

Das dritte Turnier unter Regie der Vorsitzenden Andrea Sjursen-Stein mit ihrem inzwischen eingespielten Team zeigt, dass der Harburger Reitverein von 1925 nach langer Durststrecke wieder auf Erfolgskurs ist. "Auch wenn wegen Hitze und Stau auf der Autobahn fast die Hälfte der gemeldeten Teilnehmer zu Hause geblieben ist, hatten wir mit mehr als 1000 Nennungen ein Rekordmeldeergebnis." Mit 250 Mitgliedern, den fast ausgebuchten 58 Pferdeboxen und dem florierenden Schulbetrieb mit elf Pferden, in dem auch Erwachsene reiten lernen, hat einer der ältesten Reitvereine wieder ein sicheres finanzielles Fundament. "Wir fühlen uns selbstbewusst und stark genug, um als Turnierausrichter neue Wege zu gehen", sagt Andrea Sjursen-Stein.

Nachzutragen bleibt: Die leistungsstärkste Dressurprüfung Klasse M gewann Viktoria Schulz (Garstedt) mit Rimini (1. Abteilung) vor Elisa Prigge (RFV Estetal) mit Dark Dancer und Rialto auf Platz zwei und drei. In der zweiten Abteilung dominierte Dominic-Nathanael Erhardt (Harsefeld) mit Woodstock.